AHV 21: Das sind die wichtigsten Änderungen
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AHV 21: Welche Änderungen bringt die Reform?

Seit Anfang 2024 ist die Reform AHV 21 in Kraft. Damit soll die 1. Säule bis zum Jahr 2030 gesichert werden. Finanziert wird die Reform über das erhöhte Referenzalter der Frauen sowie über die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Die wichtigsten Änderungen einfach erklärt.

Die Sanierung der Schweizer Vorsorge kommt ins Rollen

Mit der Reform AHV 21 verfolgt der Bundesrat zwei wichtige Ziele:

1. Das Niveau der AHV-Renten zu halten.
2. Das finanzielle Gleichgewicht der AHV bis 2030 zu sichern.

Die Zustimmung zur Vorlage ist das eine – was die Umsetzung der Reform für die Versicherten konkret bedeutet, das andere. Ein Überblick über die Änderungen und ihre Auswirkungen auf die Schweizer Bevölkerung.

Finanzielle Entwicklung des AHV-Fonds mit und ohne die Reform AHV 21

Finanzielle Entwicklung des AHV-Fonds

Quelle: Bundesamt für Sozialversicherungen, Credit Suisse

65

Jahre ist das neue Referenzalter für Frauen.

1. Angleichung des Referenzalters von Frauen auf 65 Jahre

Das Referenzalter für Frauen wird auf 65 Jahre angehoben: Dabei erfolgt die Erhöhung schrittweise um 3 Monate pro Jahr, wobei der erste Anstieg 2025 umgesetzt wird. Das Referenzalter von Männern und Frauen gleicht sich somit erst 2028 vollständig an.

Erhöhung des Referenzalters erfolgt schrittweise

Die Erhöhung des Referenzalters erfolgt in Etappen

Ab dem Jahr 2028 beträgt das Referenzalter für Frauen 65 Jahre.

Von dieser Übergangsphase sind Frauen, die kurz vor der Pensionierung stehen, besonders betroffen. Deshalb erhalten neun Jahrgänge der Übergangsgeneration lebenslange Rentenzuschläge als Ausgleichsmassnahme. Anspruch darauf haben alle Frauen ab dem Jahrgang 1961 bis 1969. Die Rentenzuschläge fallen je nach Jahrgang unterschiedlich hoch aus.

Der Grundzuschlag beträgt:

  • 160 Franken für durchschnittliche Jahreseinkommen unter 58’800 Franken
  • 100 Franken für durchschnittliche Jahreseinkommen zwischen 58’801 und 73’500 Franken
  • 50 Franken für durchschnittliche Jahreseinkommen über 73’501 Franken.

Wissenswert ist ausserdem, dass der lebenslange Zuschlag für Frauen der Übergangsgeneration gilt, die ihre Altersrente nicht vorbeziehen. Des Weiteren unterliegt die Extrazahlung nicht der Plafonierung der Altersrente von Ehepaaren und bewirkt keine Kürzungen von Ergänzungsleistungen. Der Zuschlag wird auch dann ausbezahlt, wenn die AHV-Maximalrente bereits erreicht wurde.

Ausgleichsmassnahmen für Frauen

Jahrgang

Referenzalter Monatlicher Rentenzuschlag
(in % des Grundzuschlags)
1961 64,25 Jahre 25%
1962 64,5 Jahre 50%
1963 64,75 Jahre 75%
1964 65 Jahre 100%
1965 65 Jahre 100%
1966 65 Jahre 81%
1967 65 Jahre 63%
1968 65 Jahre 44%
1969 65 Jahre 25%

Bundesamt für Sozialversicherungen BSV

2. Flexibilisierung des Pensionierungszeitpunkts

Der Zeitpunkt des Rentenbezugs ist flexibler wählbar. Beide Geschlechter können ihre Rente frühestens ab dem vollendeten 63. Lebensjahr und spätestens mit Ende 70 beziehen. Frauen der Übergangsgeneration können die Rente ab 62 Jahren beziehen und dafür tiefere Kürzungssätze in Anspruch nehmen, wogegen sie dann nicht vom Rentenzuschlag profitieren können. Ob sich der Verzicht auf den Rentenzuschlag für Frauen lohnt, muss individuell abgeklärt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Kürzungssätze voraussichtlich frühestens Anfang 2027 grundsätzlich gesenkt werden. Um noch von höheren Zuschlägen zu profitieren, kann es sich folglich für Männer und Frauen lohnen, noch vorher aufzuschieben. Dabei sollte ebenfalls beachtet werden, dass für Personen mit massgebendem durchschnittlichen Einkommen von weniger als 58’800 Schweizer Franken neu 40 Prozent tiefere Kürzungssätze als zuvor gelten.

Der Rentenbezug kann neu bei beiden Geschlechtern schrittweise erfolgen. Dies einerseits, indem die Erwerbstätigkeit reduziert und die Rente nur teilweise zu einem Anteil zwischen 20 und 80 Prozent vorbezogen oder aufgeschoben wird. Andererseits kann der Vorbezug neu auch in Monats- statt in Jahresschritten erfolgen. Der Vorbezugsanteil kann einmal erhöht werden, danach muss der verbleibende Rententeil ganz bezogen werden. Es lohnt sich auf jeden Fall zu prüfen, ob ein Teilvorbezug bei Pensionierungsschritten sinnvoll ist.

Überdies sind mit der Reform AHV 21 alle Pensionskassen dazu verpflichtet, Teilpensionierungen, Aufschübe und Vorbezüge zu erlauben. Wer das Referenzalter schon erreicht hat und die Pensionskasse bisher nicht aufschieben konnte, sollte prüfen, ob sich ein erneuter Anschluss an die Pensionskasse lohnt.

3. Anreize zur Arbeitstätigkeit über das Referenzalter hinaus

Wer über das Referenzalter hinaus arbeitet, zahlt heute bis zu einem Bruttolohn von 1’400 Schweizer Franken pro Monat keine AHV-Beiträge. Löhne über diesem Freibetrag sind beitragspflichtig, führen aber nicht zu einer höheren Altersrente, was eine Weiterarbeit über das Rentenalter hinaus wenig attraktiv macht. Nach Inkrafttreten der Reform AHV 21 kann neu freiwillig auf den Freibetrag verzichtet werden. Das müssen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber bei jedem Arbeitgeber einzeln beantragen. Zudem werden die bezahlten AHV-Beiträge nach Alter 65 auf Antrag für die Rentenberechnung berücksichtigt. Auf diese Weise ist es möglich, dass zum einen frühere Beitragslücken geschlossen werden können und zum anderen mit den bezahlten Beiträgen die persönliche AHV-Rente noch erhöht werden kann. 

Personen, die Beiträge über das Alter von 65 Jahren hinaus entrichtet haben und am 1. Januar 2024 noch nicht das 70. Altersjahr erreicht haben, können eine Neuberechnung der Rente verlangen. Das lohnt sich besonders dann, wenn Beitragslücken in der Vergangenheit vorhanden waren. Nach dem Erreichen des Referenzalters kann eine Neuberechnung mit Berücksichtigung der AHV-Beiträge, die nach dem Referenzalter geleistet werden, aber nur einmal verlangt werden. Es empfiehlt sich, diese erst dann zu verlangen, wenn die Arbeitstätigkeit aufgegeben wird oder so sehr reduziert wurde, dass zusätzliche Beiträge keinen Unterschied mehr machen.

Zusatzfinanzierung mithilfe der Mehrwertsteuer

Einerseits erzielt die Erhöhung des Referenzalters Einsparungen für die AHV. Das zweite grosse Standbein der AHV-Finanzierung bildet die Mehrwertsteuer. Diese Mehreinnahmen für die AHV werden über eine Anhebung der Mehrwertsteuer von 0,4 Prozentpunkten auf dem Normalsatz generiert.

Weitere Reformen im Schweizer Vorsorgesystem sind unerlässlich

Mit der Reform AHV 21 ist ein erster Schritt in der Sanierung der Vorsorgewerke getan – diese sichert die Finanzierung jedoch nur bis 2030. Danach droht die AHV erneut in ein Defizit zu geraten.

Auch für die 2. Säule ist eine Reform, die im März 2023 vom Parlament verabschiedet wurde, auf der Zielgeraden: BVG 21. Da das Referendum bereits zustande gekommen ist, kommt diese voraussichtlich im Herbst 2024 zur Abstimmung. Sie sieht folgende Punkte vor:

  • Senkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6 Prozent.
  • Kompensationsmassnahmen für die Übergangsgeneration: Vorgesehen ist bei der Annahme eine Zuschlagszahlung für die ersten 15 Übergangsjahrgänge. Diese Zahlung soll als Ausgleichsmechanismus zum gesenkten Umwandlungssatz dienen.
  • Flexible Auslegung des Koordinationsabzugs: Der Koordinationsabzug war bis anhin ein fixer Betrag. Neu sollen Arbeitnehmende bereits ab einem jährlichen Bruttolohn von 19’845 Schweizer Franken obligatorisch in eine Pensionskasse aufgenommen und immer 80 Prozent des Lohnes versichert werden.
  • Anpassung der Altersgutschriften: Damit soll der Beitragsunterschied über verschiedene Altersklassen stärker angeglichen werden.

Aktuell: Mit der Annahme der Initiative für eine 13. AHV-Rente kommt voraussichtlich ab 2026 zu den 12 Monatsrenten jedes Jahr eine 13. Rente dazu.