Schnell, schneller. Hochfrequenzhändler.
Es geht um Millisekunden: Hochfrequenzhändler versuchen mit Hilfe von Supercomputern und schnellen Datenverbindungen Gewinne im Börsenhandel zu erzielen. Wie funktioniert dieser automatisierte Aktienhandel?
Hochfrequenzhändler als Trittbrettfahrer
Wenn man das Berufsbild des Hochfrequenzhändlers in einem Ratespiel skizzieren müsste, käme eine interessante Beschreibung zustande: Er ist wahrscheinlich bei jeder zweiten Börsentransaktion involviert und schafft dennoch kaum Marktliquidität. Oft verfolgt er proprietäre Anlagestrategien, aber interessiert sich weder für den Preis noch für den Wert. Seine Anlagen sind risikoarm, und trotzdem erhöhen sie die allgemeine Marktvolatilität. Der Hochfrequenzhändler gilt als Trittbrettfahrer einer bestehenden Börseninfrastruktur und wird doch kaum reguliert.
Bereits 1987 wirkten die damals noch neuen, automatischen Handelssysteme als fatale Brandbeschleuniger für den Flash Crash des Dow Jones Index von 20 Prozent an nur einem Handelstag. Die automatischen Systeme agieren leider dann kontraproduktiv, wenn sie von allen Marktteilnehmern gleichzeitig aktiviert werden. Auch Ende des vergangenen Jahres ereignete sich ein Flash Crash. Dieser machten den Dezember 2018 zum schlechtesten seit 1931.
Der Börsenhandel im Wandel der Zeit
Historisch waren Börsen und Märkte meist um Händler organisiert. Börsenhändler brechen Kundenaufträge in kleinere Aufträge auf, um sie möglichst kursneutral abzuwickeln. Zu diesem Zweck mussten die Händler oft Eigenbestände halten, was ihr Geschäft kapitalintensiv machte.
Ab den 1990er-Jahren wurde diese Handelsform zunehmend durch elektronische Handelssysteme ersetzt. Sie führten die Kundenaufträge anonym und regelbasiert aus, brachten also Angebot und Nachfrage an den Börsen zusammen. Das sparte nicht nur Zeit, Kosten und Kapital: Der automatisierte Börsenhandel verhinderte auch Missbräuche, stärkte das Vertrauen in die Märkte, erhöhte die Liquidität und verbesserte so am Ende die Kapitalallokation.
Marktanteil der Hochfrequenzhändler am Börsenhandel wächst
Eine Unterkategorie vollautomatisierter Handelssysteme stellen die Hochfrequenz- Handelsstrategien dar. Sie zeichnen sich vor allem durch ihre Geschwindigkeit aus und punkten typischerweise mit einem kurzen Informationsvorsprung zwischen Signal und Handel.
Das Research-Office des US-Kongresses schätzt, dass der Hochfrequenzhandel (HFT) in den letzten zehn Jahren einen grossen Marktanteil am Börsenhandel gewonnen hat. In den USA werden bereits mehr als 55 Prozent und in Europa mehr als 40 Prozent aller Aktientransaktionen mittels HFT generiert. Zählt man zum Hochfrequenzhandel auch alle weiteren, vollautomatischen Handelsstrategien dazu, dann werden nach Schätzungen des Wall Street Journal heute nur noch 15 Prozent aller Transaktionen von fundamental orientierten Investoren, aber 85 Prozent von Computern ausgelöst.
So erhöhen Hochfrequenzhändler die Volatilität von Märkten
Supercomputer erlauben Hochfrequenzhändlern statistische Preisarbitrage im Bereich von Millisekunden. Solche Strategien treffen keine Annahmen über Preis oder Wert. Vielmehr stehen sie jedoch für ein zweifelhaftes Wettrüsten, bei dem der schnellste Computer, die schnellste Datenverbindung, die beste Software gewinnt. Mit dem Ziel eigene Aufträge schneller als die Konkurrenz zu platzieren, mieten Hochfrequenzhändler für ihre Computer Regalplätze direkt im Server-Rack der jeweiligen Börsenplätze.
Weil die Haltedauer von Hochfrequenztransaktionen meist nur den Bruchteil einer Sekunde beträgt, ist jede Transaktion einzeln betrachtet äusserst risikoarm. Aufgrund dieser kurzen Haltedauer müssen Hochfrequenzhändler nichts über «korrekte» Preise wissen. Die aufwendige Liquiditätsbereitstellung und Preisbestimmung überlassen sie fundamentalen Investoren. Ob solche Hochfrequenztransaktionen den Märkten wirklich Liquidität zuführen, ist umstritten. Kaum bestritten ist aber, dass Hochfrequenzhandel die Volatilität von Märkten erhöht, manchmal sogar in dramatischer Weise.