Hypothekenexpertin Martine Gabathuler spricht darüber, was eine Trennung für das Eigenheim bedeutet.
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«Die Finanzierung des Eigenheims kann nach einer Trennung zur Herausforderung werden»

Rund 40 Prozent aller Ehen in der Schweiz enden in einer Scheidung. Gemeinsames Wohneigentum macht eine Trennung noch komplizierter. Martine Gabathuler, Leiterin des Hypotheken-Centers Westschweiz der Credit Suisse, spricht im Interview über die Folgen einer Scheidung auf die Hypothek und darüber, was nach der Trennung mit dem Eigenheim geschieht.

Frau Gabathuler, Gedanken an eine mögliche Trennung stehen bei Paaren, die sich gemeinsam ein Eigenheim kaufen, selten im Vordergrund. Weshalb sollten sie sich dennoch schon vor dem Erwerb der Immobilie mit dem Thema auseinandersetzen?

Martine Gabathuler*: Eine Trennung ist immer eine hohe emotionale Belastung. Rationale Entscheidungen zu treffen, kann in solchen Momenten sehr schwierig sein. Paare sollten sich im besten Fall im Vorfeld bereits Gedanken darüber machen, was mit dem gemeinsamen Eigenheim bei einer Trennung geschieht. Denn die finanziellen Folgen einer Trennung sind gewichtig, und sie können einen grossen Einfluss auf die Möglichkeiten und Projekte in der Zukunft haben. Und in vielen Fällen wird die Hypothek auf Basis des Einkommens beider Partner gewährt. Will eine der beiden Parteien die Immobilie nach der Trennung behalten, kann die Finanzierung eine Herausforderung werden.

Welchen Einfluss hat die Eigentumsform auf die Finanzierung der Hypothek nach einer Trennung?

In den meisten Fällen erwerben Paare eine Immobilie im Miteigentum zu je 50 Prozent. Es können sich aber auch ganz andere Konstellationen ergeben, beispielsweise mit einem der Partner als alleinigem Eigentümer. Für die Finanzierung der Hypothek hat die Eigentumsform aber keinen direkten Einfluss. Aus Sicht der Bank bürgen beide Partner unabhängig von der Eigentumsform solidarisch für die gesamte Hypothek. Das gilt auch nach einer Trennung weiterhin.

Was geschieht im Falle einer Trennung mit einer laufenden Hypothek?

Hier gibt es hauptsächlich drei verschiedene Optionen: Erstens der Verbleib im Status quo. Beide Ex-Partner bleiben Miteigentümer und Solidarschuldner, auch wenn nur noch eine Partei in der Immobilie wohnt. Zweitens kann die Hypothek auf eine Partei übertragen werden. Falls einer der beiden Ex-Partner in der Lage ist, die Hypothekenzinsen alleine zu finanzieren, kann er oder sie den gesamten Kredit übernehmen. Das bedingt einen neuen Kreditentscheid der Bank, genau wie beim Abschluss einer neuen Hypothek. Dieser wird auf Basis des technischen Zinssatzes von 5 Prozent gefällt. Bei einem positiven Entscheid steht der Übernahme nichts im Weg. In diesem Fall wird das Eigentum der Immobilie vollständig übernommen und die andere Partei ausbezahlt.

Und drittens?

Die dritte Möglichkeit ist, dass keiner der beiden Ex-Partner die Immobilie alleine finanzieren kann und ein Verkauf beschlossene Sache ist. Somit wird die Hypothek vorzeitig aufgelöst. Das kann aber teuer werden, denn es hat in der Regel eine Strafprämie, die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung, zur Folge. Diese kann mehrere zehntausend Franken betragen.

Eine vorzeitige Auflösung der Hypothek kann mehrere zehntausend Franken kosten.

Martine Gabathuler, Leiterin Credit Suisse Hypotheken-Center Westschweiz

Wovon hängt die Höhe der Strafprämie bei der vorzeitigen Auflösung einer Hypothek ab?

Sie wird auf Basis der restlichen Laufzeit der Hypothek berechnet. Je länger die verbleibende Dauer, desto höher ist die Strafe. Langfristige Kredite, die Zinsvorteile bieten, bergen im Fall einer Trennung daher auch grössere Risiken.

Gibt es Möglichkeiten, einen Verkauf zu verhindern, auch wenn keiner der beiden Ex-Partner die Finanzierung alleine stemmen kann?

Ist das Verbleiben im Status quo keine Option, gibt es durchaus Alternativen zum Verkauf. So kann die Hypothekarschuld durch eine ausserordentliche Amortisation, zum Beispiel über einen Erbvorbezug oder ein Darlehen der Eltern, reduziert werden. Dadurch ist allenfalls eine der Parteien in der Lage, die Hypothek alleine zu finanzieren. Auch das Einbringen eines neuen Solidarschuldners kann eine Möglichkeit sein, die Finanzierung zu sichern, sofern die Bank einverstanden ist.

Andernfalls bleiben tatsächlich nur der Verkauf der Liegenschaft und die anteilsmässige Aufteilung des Erlöses. Bedenken muss man hierbei, dass allfällige Vorbezüge aus der Pensionskasse für den Hauskauf nach dem Verkauf wieder zurückbezahlt werden müssen. Das gilt auch, wenn eine Partei den Anteil des Ex-Partners / der Ex-Partnerin übernimmt. Die bestmögliche Lösung für alle Beteiligten hängt also von vielen Faktoren ab und ist immer vom Einzelfall abhängig. Deshalb sollten sich Eigenheimbesitzer in dieser Situation unbedingt beraten lassen.

Welches sind zusammenfassend Ihre drei wichtigsten Ratschläge für Hauskäufer, damit im Falle einer Trennung keine negativen Überraschungen auftauchen?

Paare sollten sich grundsätzlich früh Gedanken darüber machen, was bei einer Trennung mit der Immobilie geschieht, und die Pläne auch mit dem Kreditgeber besprechen. Denn dieser muss einer Vertragsänderung zustimmen. Es kommt häufig vor, dass Eigenheimbesitzer unter sich eine Lösung finden, die dann aber von ihrer Bank nicht akzeptiert wird, da die Finanzierung nicht mehr gesichert ist. Darüber hinaus empfehlen wir auch, die Hypothek in Tranchen mit unterschiedlichen Laufzeiten aufzuteilen, anstatt den ganzen Kredit langfristig zu blockieren. So erhalten Paare ihre finanzielle Flexibilität und reduzieren die Strafprämie im Fall einer vorzeitigen Auflösung der Hypothek.

Der zweite Tipp ist, wichtige Punkte schriftlich festzuhalten und regelmässig zu überprüfen. Dazu gehören beispielsweise die Verteilung des Eigenkapitals beim Kauf und die erbrachten Leistungen während des gemeinsamen Eigentums. Insbesondere nicht verheiratete Paare sollten alles genau niederschreiben, ansonsten kann es im Fall einer Trennung kompliziert werden. Und zu guter Letzt sollten Paare frühzeitig Kontakt mit ihrer Bank aufnehmen, wenn sich eine Trennung abzeichnet. So können die verschiedenen Möglichkeiten gemeinsam erörtert und die optimalen Entscheide in dieser schwierigen Situation getroffen werden.

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