Wie Finanzinstitute mit Kryptowährungen umgehen

Digitales Geld ist die Zukunft. Chancen und Risiken von Kryptobanking.

Kryptowährungen geniessen als digitale Vermögenswerte grosse Popularität. Was bedeutet der zunehmende Trend hin zum digitalen Geld für Finanzinstitute? Experten diskutierten am 8. Credit Suisse Cash Day über die Herausforderungen von Krypto­banking in der Schweiz.

Digitales Geld ist im Aufschwung

Das Geld der Zukunft ist digital. Während der Gebrauch von Bargeld an Relevanz einbüsst, gewinnen bargeldlose Zahlungsmethoden, getrieben von E-Commerce und mobilen Transaktionen, während der Corona-Pandemie weiter an Bedeutung.

Digitale Vermögenswerte wie Kryptowährungen (z. B. Bitcoins, Ripple oder Ethereum) erweisen sich dabei als spannende Transaktionsmittel. Dazu gehören auch StableCoins, deren Marktwert an eine oder mehrere Fiat-Währungen gekoppelt ist. Darüber hinaus prüfen und diskutieren auch Zentralbanken über digitale Versionen ihrer Fiat-Währungen, die sogenannten Central Bank Digital Currencies (CBDC). Dank der dezentralen Distributed-Ledger-Technologie (DLT) können digitale Vermögenswerte auch ohne kommerzielle Bank weltweit transferiert werden.

«Digitale Vermögenswerte dienen nicht nur als Zahlungsmittel, sondern werden auch als alternative Anlageklasse eingesetzt», erklärt Burkhard Varnholt, CIO der Credit Suisse. Aufgrund dieser beiden Funktionen ist es für Finanzinstitute wichtig, sich mit dem Kryptobanking in der Schweiz auseinanderzusetzen, um Risiken zu umgehen und neue Chancen wahrzunehmen.

Mit welchen Risiken sehen sich Finanzinstitute beim Kryptobanking in der Schweiz konfrontiert?

Thomas Weisshaar: Die digitalen Vermögenswerte weisen eine hohe Volatilität auf. Zudem besteht auch ein gewisses Risiko, kriminelle Aktivitäten anzuziehen. Unter Umständen können sogar Sanktionen drohen. Ebenfalls nicht ausser Acht lassen darf man die Unmenge an Energie, die das Blockchain-System benötigt. Somit stehen beispielsweise Kryptowährungen mit ESG-Sustainability* im Widerspruch und können nicht in nachhaltige Anlagestrategien integriert werden. Ausserdem fehlen weiterhin allgemein geltende Regulationen und eine vollumfängliche Transparenz.

Dr. Sébastien Kraenzlin: Für das traditionelle Geschäft besteht die Gefahr bei digitalen Vermögenswerten in der Ineffizienz des jetzigen Zahlungssystems. Denn die grösste Interaktion zwischen der Kundschaft und einer Bank findet durch Transaktionen im Zahlungsverkehr statt. Da der Transfer von digitalen Vermögenswerten für grenz­überschreitende Transaktionen nur wenige Minuten braucht und dabei keine hohen Gebühren anfallen, erscheint dieser Prozess als eine einfache Alternative. Etablierte Finanzinstitute müssen sich dieser Herausforderung bewusst sein und eine Verbes­serung der existierenden Markt-Infrastrukturen anstreben.

* ESG steht für Environmental, Social and Governance (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung).

Unter den digitalen Vermögenswerten werden vor allem Kryptowährungen als Zah­lungsmittel oftmals mit illegalen Geschäften und kriminellen Aktivitäten in Verbindung gebracht. Werden diese Machenschaften durch das Kryptobanking nicht noch weiter unterstützt?

Daniel Diemers: Das würde ich nicht sagen. Die Blockchain stellt ein unverändertes Konto dar. Das heisst, Transaktionen mit digitalen Währungen können darüber einfacher rückverfolgt werden, als wenn sie beispielsweise mit einer Fiat-Währung stattgefunden hätten. Hinzu kommt, dass mittlerweile viele Regulationen gelten, um Anleger zu schützen und die Marktintegrität zu gewährleisten. In der Schweiz existiert beispielsweise auch ein DLT-Gesetz.

Urs Bernegger: Für Kriminelle wird es zudem immer schwieriger, ihre angesammelten Bitcoins loszuwerden. Wurden digitale Vermögenswerte bei Transaktionen von illegalen Geschäften eingesetzt, ist es nicht mehr möglich, damit bei einer Bank ein Konto zu eröffnen. Dadurch erlangt man nicht nur die persönlichen Kontaktdaten der Person, sondern hat auch Einsicht in ihre Wallet.

Wo liegen beim Kryptobanking allfällige Chancen für Finanzinstitute?

Mathias Studach: Der Zugriff zu virtuellen Währungen ist nach wie vor sehr komplex und mit unterschiedlichen Risiken verbunden. Viele Anleger wissen nicht, wie sie in digitale Vermögenswerte investieren können. Schafft man es, den Erwerb von digitalen Vermögenswerten und den Tradingprozess für Kundinnen und Kunden zu vereinfachen, ergibt sich dadurch die spannende Möglichkeit, eine neue alternative Anlageklasse zu erschliessen.

Urs Bernegger: Zudem liegt auch in der Tokenisierung von Vermögenswerten und sonstigen Finanzmitteln eine grosse Chance. Denn ein Token ist teilbar, billiger und einfacher handelbar. Das würde den Geldtransfer zwischen einzelnen Banken viel einfacher gestalten. Ich bin davon überzeugt, dass Zentralbanken in naher Zukunft damit beginnen werden, digitale Währungen als Clearing-Hilfe zu gebrauchen.

Wie werden digitale Währungen und tokenisierte Vermögenswerte das Bankingmodell der Zukunft verändern?

Urs Bernegger: Die Kryptowährungen haben gezeigt, dass es problemlos möglich ist, über das DLT-System einfach und schnell digitale Assets zu transferieren. Digitale Vermögenswerte dürften also an Bedeutung dazugewinnen. Die Zentralbanken und auch die Schweizer Regierung haben das bereits erkannt. Finanzinstitute müssen folglich lernen, die Distributed-Ledger-Technologie zu nutzen, um Vermögenswerte über die Blockchain richtig zu verwalten.

Dr. Sébastien Kraenzlin: Finanzinstitute könnten einen Rollenwechsel vollziehen und als Brücke zwischen der «neuen Welt» rund um die DLT-Infrastruktur und der jetzigen Welt dienen. Damit würden Banken nach wie vor eine zentrale Rolle beispielsweise bei Zah­lungslösungen und regulatorischen Aspekten spielen.

Wie gelingt es Finanzinstituten, die beiden Welten zusammenzuführen?

Dr. Daniel Diemers: Dabei müssen verschiedene Faktoren beachtet werden und man sollte auf mehreren Ebenen gleichzeitig aktiv sein. Als Erstes braucht es eine ziel­führende Strategie, um sich im Bereich der digitalen Vermögenswerte festzusetzen. Zusätzlich sind eine Menge technischer Anpassungen notwendig, wie beispielsweise ein Upgrade der Legal Risk Compliance. Darüber hinaus muss auch ein kultureller Wandel im Unternehmen stattfinden. Bedenken und Sorgen betreffend das digitale Geld sollten adressiert und entkräftet werden. Da die Kundinnen und Kunden von Banken künftig digitale Vermögenswerte in Form von Kryptowährungen, Token oder anderen Assets erwarten, kommen die Finanzinstitute nicht um diese Veränderung herum.

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