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Unternehmensnachfolge: Emotionen erschweren Übergabepläne in Schweizer Firmen

Die Credit Suisse veröffentlicht zusammen mit der Universität St. Gallen eine Studie zur Unternehmensnachfolge


Die Ökonominnen und Ökonomen der Credit Suisse haben heute gemeinsam mit dem Center for Family Business der Universität St. Gallen (CFB-HSG) die Studie «Unternehmensnachfolge in der Praxis» vorgestellt. Aus einer Umfrage bei über 150 Unternehmerinnen und Unternehmern geht unter anderem hervor, dass die Nachfolge ein komplexer Prozess ist, der oft hinausgezögert und bei dem externe Unterstützung in Anspruch genommen wird. In der Studie wurde der Planungs- und Übergabeprozess genau unter die Lupe genommen und insbesondere die Abfolge einzelner Schritte bei Nachfolgeprozessen untersucht. Es zeigt sich: Wer sich frühzeitig mit der Nachfolge auseinandersetzt, erhöht den Handlungsspielraum und ist im Vorteil.

Die Nachfolgeplanung stellt für jede Unternehmerin und jeden Unternehmer eine der zentralsten strategischen Aufgaben überhaupt dar. Viele Inhaberinnen und Inhaber setzen sich in kurzen Zeitabständen sogar zweimal mit der Nachfolgethematik auseinander: Einmal als übernehmende und einmal als übergebende Partei. Die Studie zeigt, dass zwei Drittel der Unternehmerinnen und Unternehmer, die innerhalb der letzten zehn Jahre eine Nachfolge angetreten haben, bereits über ihre eigene Nachfolge nachgedacht und 15 % diese bereits formell geregelt haben. Doch vom eigenen Unternehmen Abschied zu nehmen, ist für viele nicht einfach, stellt die eigene Firma doch oft ein Lebenswerk dar. Davon zeugen auch die Umfrageresultate: In 80 % der realisierten Unternehmensübergaben während der letzten zehn Jahre erfolgte der Rückzug der Vorgängerin beziehungsweise des Vorgängers gesundheits- oder altersbedingt, die Unternehmensübergabe wird entsprechend meist bis zuletzt hinausgezögert.

Schwieriger Abschied: Übergabe an nahestehende Personen
Anhand der Umfrageergebnisse konnten grundsätzlich zwei Arten von Nachfolgesequenzen bei der Übergabe beziehungsweise Übernahme von Führung und Eigentum identifiziert werden: Erstens, eine Staffelübergabe, bei der gleichzeitig und auf einmal die Geschäftsführung und das Eigentum übergeben werden. Zweitens, eine schrittweise Übergabe der beiden Chargen. Während die Staffelübergabe vom Unternehmenseinstieg der nachfolgenden Partei bis hin zum abgeschlossenen Nachfolgeprozess im Durchschnitt rund sechs Jahre dauert, nimmt die schrittweise Übergabe mit 14 Jahren durchschnittlich mehr als doppelt so lang in Anspruch. In punkto Zufriedenheit, die die übernehmenden Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer nach der Übergabe mit dem Prozess äusserten, lässt sich zwischen der Staffelübergabe und der schrittweisen Übergabe kein signifikanter Unterschied feststellen.

Da die Unternehmenslandschaft Schweiz stark durch Familienunternehmen geprägt ist, kam in mehr als der Hälfte der vollzogenen Unternehmensübergaben eine familieninterne Lösung zum Zug, am zweitmeisten eine Übergabe an Mitarbeitende. Für die abtretende Führungskraft bietet die Übergabe an nahestehende Personen den entscheidenden Vorteil, dass diese mit der Zukunftsvision der Vorgängerin oder des Vorgängers vertraut sind. Insofern überrascht es kaum, dass auch die Wahl oft auf intrinsisch motivierte Nachfolgende fällt: Gemäss der Umfrage zeichnen sich die Nachfolgerinnen und Nachfolger primär durch den Glauben an den Erfolg der Geschäftsidee oder die Verbundenheit mit dem Unternehmen und den Mitarbeitenden aus. Die soziale Anerkennung spielt für die Nachfolgenden beim Übernahmeentscheid derweil eine untergeordnete Rolle. Solche intrinsischen Attribute sind auch im Sinne der übergebenden Partei, die das Unternehmen in gute Hände weiterreichen möchte.

Viele Vorgängerinnen und Vorgänger können nur schweren Herzens von der Unternehmensführung loslassen und sind auch Jahre nach der Übergabe noch im Unternehmen anzutreffen: Gemäss Umfrage verbringt fast die Hälfte der abgebenden Generation auch zwei Jahre nach der Übergabe mindestens eine Stunde pro Woche in der Firma. Einerseits können Nachfolgende von Übergebenden profitieren: Mehr als die Hälfte der befragten Nachfolgenden gab an, dass sie bei schwierigen Entscheidungen auf die beratende Stimme der Vorgängerin beziehungsweise des Vorgängers zählen konnte. Andererseits kann deren Präsenz Nachfolgende daran hindern, die unternehmerische Eigenständigkeit zu entwickeln. Deshalb ist es wichtig, die verschiedenen Zuständigkeiten durch eine klare Aufgabenteilung zu regeln: Rund 75 % der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer erachten diesen Aspekt als sehr wichtig für einen erfolgreichen Übergabeprozess. «Als übernehmende Partei gilt es abzuwägen, ob der Nutzen, welchen der Nachfolger aus den Erfahrungen des Vorgängers ziehen kann, die Kosten bezüglich unerwünschter Einflussnahme und dem damit verbundenen Konfliktpotenzial überwiegt», sagt Marie Klein, Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin beim CFB-HSG. Denn Konflikte sind während der Übergabe nicht unüblich: In der Umfrage gaben immerhin 27 % der Unternehmerinnen und Unternehmer an, dass sie während des Übergabeprozesses konfliktreiche Momente erlebten.

Zwischen fachlicher Beratung und Emotionen
Im Rahmen der Unternehmensnachfolge werden auch verschiedene Themen angesprochen, für die das nötige Fachwissen im eigenen Unternehmen oftmals nicht vorhanden ist oder für deren Bearbeitung schlichtweg die Zeit fehlt, weshalb externe Hilfe benötigt wird. Gemäss Umfrage sehen rund drei Viertel der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer bei Steuerfragen einen gewissen bis sehr hohen entsprechenden Bedarf. Auch beim strategischen Vorbereiten der Firma auf die Übergabe und bei finanziellen Fragestellungen wird gerne auf externe Beratung vertraut: Jeweils rund 40 % sehen hier einen gewissen oder sehr hohen Bedarf an Unterstützung. «Eine rechtzeitige und gründliche Finanzplanung erhöht den Handlungsspielraum für den abtretenden Geschäftsführer, beispielsweise um Optimierungspotenzial bei der Vorsorge zu erschliessen, ohne gleichzeitig die Finanzen der Firma kurzfristig zu belasten», sagt Prof. Dr. Thomas Zellweger, Direktor des CFB-HSG. Externe Hilfe kann entsprechend eine wichtige Rolle spielen betreffend Strukturierung und Komplexitätsreduktion des Nachfolgethemas.

Während bei der fachlichen Unterstützung ein grosser Bedarf festgestellt wird, ist die individuelle und persönliche Beratung weniger gefragt. Die Umfrageresultate zeigen, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer diese Art der Unterstützung eher in vertrauten Kreisen suchen, anstatt von externen Stellen. «Der Faktor ‘Emotionen’ sollte nicht unterschätzt werden», sagt Alexandra Bertschi, Verantwortliche für die Fachführung der KMU-Nachfolgeplanung bei der Credit Suisse. «Das Loslassen vom Unternehmen stellt besonders für die scheidenden Unternehmerinnen und Unternehmer eine emotionale Herausforderung dar und kann den Übergabeprozess erschweren.»

Auf Unvorhergesehenes vorbereitet sein
Oft lässt sich die bevorzugte Nachfolgeoption nicht realisieren. Auf solche Fälle sollten sich Unternehmerinnen und Unternehmer vorbereiten, indem verschiedene Nachfolgeoptionen geprüft werden. Eine prüfenswerte Alternative stellt etwa die Unternehmensbörse dar. «Obschon die befragten Unternehmerinnen und Unternehmer gegenüber der Unternehmensbörse nach wie vor skeptisch sind, bietet der Weg über eine solche Plattform auch Vorteile», sagt Pascal Zumbühl, Ökonom bei der Credit Suisse. «Dadurch wird die Sichtbarkeit erhöht, da man über eine Unternehmensbörse mit einer grösseren potenziellen Käuferschaft in Kontakt kommt.»

Zudem können unvorhergesehene Ereignisse den Zeitpunkt oder die Ausgestaltung der Übergabe beeinflussen. Die Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds im Zuge der Coronapandemie haben einige Unternehmerinnen und Unternehmer dazu bewogen, ihre eigene Betriebsübergabe vorzuziehen: In 6 % der Fälle wurde dies berichtet (vgl. Abb.). Aber auch ein Schicksalsschlag oder Druck seitens Konkurrenz, der eigenen Familie oder Geschäftspartnerinnen und -partner können den Nachfolgeprozess unverhofft beschleunigen. «Wer frühzeitig die Weichen für eine reibungslose Übergabe stellt und sich Jahre vor der eigentlichen Übergabe mit dem emotionalen Thema auseinandersetzt, ist im Vorteil», sagt Alexandra Bertschi.

* Nur Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich bereits Gedanken über die eigene Betriebsübergabe gemacht haben
Quelle: Credit Suisse Umfrage zur Unternehmensnachfolge 2022

Die Nachfolgestudie 2022 «Unternehmensnachfolge in der Praxis» sowie weiterführende Informationen zum Thema finden Sie unter www.credit-suisse.com/nachfolgestudie.