Dürfen Kinder mit ihrem eigenen Geld alles kaufen?
Finanzwissen

Dürfen Kinder mit ihrem eigenen Geld alles kaufen?

Grundsätzlich gilt: Kinder sollten über ihr Sackgeld möglichst frei verfügen. Doch nicht immer sind Eltern von den Kaufentscheiden ihrer Kinder begeistert. In seiner Kolumne erklärt Daniel Betschart von Pro Juventute, wie Eltern ihren Kindern Freiräume gewähren und zugleich ein sinnvolles Konsumverhalten vermitteln können.

Spielraum für Erfahrungen geben

Wenn Kinder die Möglichkeit haben, über ihr Sackgeld zu bestimmen, können sie wertvolle Erfahrungen im Umgang mit Geld machen. Dazu gehört, sich über Wünsche Gedanken zu machen, Geld einzuteilen, zu sparen, abzuwägen, Prioritäten zu setzen, zu verzichten, Verlockungen zu widerstehen, sich über etwas zu freuen, sich zu ärgern, enttäuscht zu sein. So merken Kinder, dass Geld ein begrenztes Gut ist, mit dem man haushalten muss.

Im Umgang mit Sackgeld braucht es Handlungsspielraum, um Erfahrungen zu machen, die manchmal auch unangenehm sein können. Für die kindliche Entwicklung ist es wichtig, neben Erfolgserlebnissen auch aus Fehlkäufen zu lernen – auch wenn dies Ärger oder Enttäuschung auslöst. Vielleicht ist der sprechende Roboter schon nach wenigen Tagen kaputt oder die unvollständige Panini-Bildchen-Sammlung bereitet mehr Frust als Freude. Solche Dinge sind ärgerlich und für Eltern manchmal schwierig auszuhalten. Dafür überlegt sich das Kind wahrscheinlich beim nächsten Einkauf genauer, wofür es sein Sackgeld ausgeben möchte. Damit das Kind solche Lernmomente erlebt, ist bei den Eltern Zurückhaltung angesagt.

Gesetzliche und familiäre Regeln einhalten

Eltern haben die Pflicht, das Wohl des Kindes zu schützen und seine Entwicklung zu fördern. Handelt es sich bei einem Kauf um jugendgefährdende Dinge wie Alkohol oder Waffen, müssen Eltern einschreiten. Ein elfjähriges Kind darf sich beispielsweise von seinem Sackgeld keine Zigaretten kaufen.

Bei anderen Kaufwünschen wie Computerspielen, Süssigkeiten usw. können Eltern sich folgende Fragen stellen:

  • Gefährdet der gewünschte oder gekaufte Gegenstand die Gesundheit oder die Entwicklung meines Kindes?
  • Sind die Folgen des Kaufes tragbar für das Kind und können sie dem Kind zugemutet werden (zum Beispiel negative Bemerkungen anderer Personen zu gewissen Kleidungsstücken)?

Falls Eltern keine Gefahr im Kauf sehen, sollten sie diesen zulassen. Falls doch, sind Familienregeln eine sinnvolle Lösung. Beispielsweise können Eltern mit dem Kind die Regel aufstellen, dass es um Erlaubnis fragen soll, wenn es ein Computerspiel mit Altersfreigabe über seinem Alter kaufen möchte. Oder: Vor dem Essen dürfen keine Süssigkeiten konsumiert werden. Diese Regel gilt dann selbstverständlich auch für die selbst gekauften Gummibärchen.

Familienregeln sollten gemeinsam mit den Kindern besprochen und von Zeit zu Zeit hinterfragt wie auch angepasst werden. Es ist eine Chance, über Werte und Regeln zu diskutieren, zu verhandeln und Kompromisse einzugehen.

Familienregeln sollten gemeinsam mit den Kindern besprochen und von Zeit zu Zeit hinterfragt wie auch angepasst werden.

Daniel Betschart

Über Konsum reden

Wir alle konsumieren neben notwendigen Dingen auch Luxusgüter. Die Markenjeans, das Smartphone, die Actionfigur mit der Pistole oder das sprechende Pony. Aber müssen Eltern Käufe zulassen, die sie als unangemessen betrachten?

Besitzt das Kind tatsächlich genügend Sackgeld, kann es sich das Smartphone kaufen. Aber: Wie das Kind das Handy nutzt, können die Eltern als Erziehungsberechtigte mitbestimmen. Sie können auch Einschränkungen machen. Ein Abo kann das Kind von Gesetzes wegen nur mit dem Einverständnis der Eltern lösen.

Auch den Kauf einer teuren Jeans oder des neusten Trendartikels können Eltern kaum verbieten, wenn sich das Kind diese Dinge leisten kann. Sie können jedoch mit dem Sprössling über die Verwendung von Geld, Werte und Konsum reden. Zudem ist es möglich, den Kindern zu erklären, was man von gewissen Produkten hält, und man kann aufzeigen, auf welche Weise Dinge – vielleicht auf Kosten anderer – hergestellt werden. Das ist eine wichtige Erziehungsaufgabe.

In solchen Gesprächen können Eltern Zusammenhänge aufzeigen, ohne zu moralisieren: Welche Alternativen gibt es? Welche Werte sind wichtig? Und wie versucht die Werbung, uns Dinge schmackhaft zu machen, die wir gar nicht brauchen oder die wir uns nicht leisten können? Die Konsumwelt wird immer komplexer, und Kinder brauchen Unterstützung, um sich darin zurechtzufinden. Eltern sollen hinschauen, nachfragen und Gegebenheiten infrage stellen. Nicht nur bei den Kindern, sondern auch bei sich selbst. Denn Kinder schauen genau hin und finden es schwer verständlich, wenn sie sich anders als ihre Eltern verhalten sollen.

Vielleicht können Eltern das Konsumverhalten ihrer Kinder auch über die Höhe des Sackgelds etwas steuern. Ist weniger Geld verfügbar, muss für das nächste Paar Sneakers länger gespart werden. In dieser Zeit ändert sich womöglich das Sparziel, und die Anschaffung des «Streitartikels» erübrigt sich.