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Ohne Konflikte vererben. So lässt sich das Erbe regeln.

Mit Testament, Ehevertrag, Erbvertrag und weiteren Vorkehrungen lässt sich jedes Erbe den eigenen Wünschen entsprechend regeln. Richard Wälti, Credit Suisse Experte für Erbschaftsrecht, erklärt im Interview die wichtigsten Begriffe. 

Wenn zwei frisch verliebt sind und heiraten, denken Sie wohl nicht an Verträge.

Sie sprechen Romantik und Vernunft an (lacht). Beides muss Platz haben. Irgendwann im Alltag wird man früher oder später mit den rechtlichen und finanziellen Aspekten bei Auflösung einer Lebensgemeinschaft konfrontiert.

Was heisst das konkret?

Das Schweizerische Ehegüter- und Erbrecht lässt gewisse Handlungs- Spielräume zu. Idealerweise gelingt es, die Bedürfnisse der Ehegatten bestmöglich abzudecken und entsprechende Absicherungsmöglichkeiten bei Tod oder Scheidung zu schaffen.

Ehe- und Erbverträge können Frau und Mann nach dem Abendessen zu Hause aufsetzen.

Vorlagen gibt’s im Internet. Doch solche Verträge müssen notariell beurkundet werden. Sofern beide einverstanden sind, können Verträge jederzeit angepasst werden.

Wie sieht es im Konkubinat aus?

Mit einem Konkubinatsvertrag kann man ähnlich wie mit einem Ehevertrag die finanziellen Ansprüche der beiden Partner bei Auflösung der Lebensgemeinschaft klar und transparent regeln.

Neben dem Ehevertrag lassen sich zudem noch erbrechtliche Aspekte kombinieren.

Die rechtliche Ausgestaltung kann im Einzelfall sehr komplex sein. Deshalb empfiehlt sich in vielen Fällen eine professionelle Beratung. Wichtig sind dabei der familiäre Hintergrund und die beruflichen und finanziellen Aspekte sowie die individuellen Absicherungswünsche und Ziele der Ehepartner.

Und wenn jemand nichts macht ...

... dann gilt für die Ehegatten automatisch das gesetzliche Ehe- und Erbrecht. Aber mit individuellen Verträgen kann man die Gestaltungsspielräume besser ausnutzen.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Beim Tod eines Elternteils steht den Kindern ein erbrechtlicher Anspruch zu. Sind jedoch die Nachkommen volljährig, kann mit ihnen vertraglich vereinbart werden, dass das gesamte eheliche Vermögen vorerst beim überlebenden Elternteil bleibt. Die Nachkommen gelangen erst zur Erbschaft, wenn der zweite Elternteil stirbt.

Es ist wichtig, dass man bereits zu Beginn der Ehe die Realität nicht aus den Augen verliert. ... Klar ist: Vertrauen ist gut, Schriftlichkeit ist besser.

In der Theorie tönt alles simpel und einfach. Es gibt heute aber immer mehr Patchworkfamilien.

Umso unerlässlicher ist es, dass man frühzeitig eine Auslegeordnung macht und mit den beteiligten Parteien praxisorientierte Lösungsansätze diskutiert, wie im Todesfall die unterschiedlichen Erbansprüche am besten sichergestellt werden können. Häufig zeigen sich gravierende Nachteile, wenn man sich nur auf das gesetzliche Erbrecht beschränken würde.

Oft kommt es aber in Erbschaftsangelegenheiten bei den besten Familien zu wüsten Streitereien.

Deshalb ist es wichtig, dass man bereits zu Beginn der Ehe die Realität nicht aus den Augen verliert. Laut Statistik wird in der Schweiz jede zweite Ehe geschieden. Klar ist: Vertrauen ist gut, Schriftlichkeit ist besser. Solange man noch miteinander reden kann, ist es viel einfacher, vertraglich den Krisenfall zu regeln.

Viele wollen schon zu Lebzeiten ihre engsten Angehörigen absichern.

Früher blieb das Vermögen länger bei den Eltern. Heute unterstützen viele Eltern ihre Kinder bereits früher in kapitalintensiven Lebensphasen, beispielsweise beim Erwerb einer eigenen Liegenschaft. Zu einem späteren Zeitpunkt fällt dann die Erbschaft entsprechend kleiner aus.

Was macht man, wenn zwei, drei Kinder da sind?

Wenn man mit Nachkommen über Schenkungen, Erbvorbezüge oder Darlehen spricht, muss man dieses Thema mit allen Beteiligten transparent diskutieren.

Eines der grossen Probleme sind Firmennachfolgen.

In der Praxis beobachten wir häufig, dass die Patrons die eigene Firmennachfolge zu spät in die Hand nehmen. Nichts regeln ist oft auch eine gängige Strategie, muss man sich doch mit einem unangenehmen Thema wie dem eigenen Tod nicht näher auseinandersetzen. Mir ist ein Fall bekannt, bei dem eine demente Unternehmerin zwangsweise via Erwachsenenschutzbehörde aus dem Verwaltungsrat genommen werden musste. Solche Situationen schaffen für alle Beteiligten grosse Unsicherheiten.

Oft hört man, dass ältere Ehepaare ihr Haus ...

...verkaufen möchten und in eine Wohnung oder ins Altersheim ziehen. Man kann zum Beispiel die Liegenschaft bereits zu Lebzeiten auf die Kinder übertragen und sich dabei gleichzeitig ein Wohn- oder Nutzniessungsrecht ausbedingen. Bei einer grösseren Liegenschaft ist unter Umständen auch ein Zweigenerationenhaus denkbar, bei dem die Kinder eventuell noch Pflegedienstleistungen für ihre betagten Eltern übernehmen. Ganz wichtig: All diese Bedürfnisse müssen geklärt und vertraglich umgesetzt werden, solange beide Elternteile noch voll handlungsfähig sind.

Der Betroffene kann alles klar festhalten – er kann aber auch eine ihm nahestehende Person bestimmen, die ihn im Falle der Urteilsunfähigkeit vertritt. 

Was heisst das in der Realität?

Seit dem 1. Januar 2013 gilt das neue Erwachsenenschutzrecht. Dieses stärkt die persönliche Selbstbestimmung, indem erstmals mithilfe eines Vorsorgeauftrags verbindlich festgelegt werden kann, wer nach einem Unfall oder aufgrund einer schweren Krankheit stellvertretend die eigenen Rechtsgeschäfte übernehmen soll.

Konkret: Was bedeutet diese Neuerung in der Praxis?

Wenn jemand nichts regelt, wird von Amtes wegen die Erwachsenenschutzbehörde tätig. Sie klärt ab, ob die betroffene Person einen Beistand benötigt. Nach geltender Praxis könnte beispielsweise ein Ehepartner eines dementen Partners nicht einfach das gemeinsam erworbene Haus eigenhändig verkaufen.

Für welche Aspekte gilt der Vorsorgeauftrag?

Er kann die Personensorge und/oder auch die Vermögenssorge umfassen. Bei der einen geht es um die Regelung der Alltagsgeschäfte, im zweiten Fall um die Verwaltung des Vermögens und die Erledigung der übrigen Finanzangelegenheiten wie beispielsweise Steuerbelange. Der Auftraggeber kann somit alle wichtigen Punkte selbstbestimmend regeln und eigenständig eine ihm nahestehende Person einsetzen, die ihn in seinem Sinne vertritt. Von Vorteil ist es auch, wenn man rechtzeitig mit seinem Vermögensberater und der eingesetzten Vertrauensperson eine Anlagestrategie festlegt.