«Als Unternehmer:in die Welt verbessern. Warum nicht?» Mit diesem Motto begrüsste der diesjährige Unternehmerkongress der Credit Suisse zum fünften Mal zahlreiche Zuschauende hinter den Bildschirmen – und nach zwei Jahren auch endlich wieder vor Ort. Das diesjährige Leitmotiv war eine klare Reaktion auf aktuelle, weltbewegende Themen wie die Inflation oder der Krieg in der Ukraine. Dies bestätigte Hans Baumgartner, Leiter Entrepreneurs & Executives der Credit Suisse, in seiner Eröffnungsrede ebenfalls: «Wir wollen den Menschen auf der Welt ein nachhaltigeres und friedlicheres Dasein ermöglichen.»
Mit diesem Ziel vor Augen setzten führende Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Politik diverse Schwerpunkte. Mit dabei waren unter anderem Top-Ökonom Prof. Dr. Thomas Straubhaar, Sabine Sylvia Bruckner, Geschäftsführerin von Pfizer Schweiz, Axel Lehmann, Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse Group AG, und André Helfenstein, CEO der Credit Suisse (Schweiz) AG. Im Zentrum stand dabei die Frage: Wie wird das weltpolitische Geschehen Schweizer Unternehmen beeinflussen?
Hans Baumgartner,
Leiter Entrepreneurs & Executives, Credit Suisse (Schweiz) AG
Nicht nur Ökonominnen und Politiker fanden sich dieses Jahr zum Unternehmerkongress ein. Auch der Sportler Dani Arnold, Extrembergsteiger, Alpinist und einer der schnellsten Menschen, die die Eiger-Nordwand bestiegen haben, war mit dabei. Er gab den Anwesenden Einblicke in die Kletterkunst und was es heisst, Risiken einzugehen. Was es zu Spitzenleistungen braucht? «Geduld haben und auf den richtigen Moment warten.» Der Bergsteiger erörterte: «Man muss vorsichtig sein und sich doch genug bewegen können.» Habe man zu viel Angst vor einem Problem, dann würde man passiv, und das dürfe man nicht. Es gehe aber auch darum, die eigenen Grenzen zu kennen: «Egal, wie viel Geld oder Vorbereitung schon in ein Projekt investiert worden ist: Man muss Nein sagen können», so Dani Arnold.
Dani Arnold,
Extrembergsteiger, Alpinist und Bergführer
Von Risiken sprach auch der einflussreiche Ökonom und Professor für internationale Wirtschaftsbeziehungen Prof. Dr. Thomas Straubhaar. Mit seiner Kernbotschaft stieg er schon zu Beginn seiner Rede ein: «Dann, wenn die Krise am tiefsten ist, sind die Chancen am grössten, um mit neuen Geschäftsmodellen Erfolg zu haben.» Wie Dani Arnold sprach auch er vom richtigen Moment: «Wann, wenn nicht jetzt, schlägt die Stunde der Unternehmerin respektive des Unternehmers?»
Und obwohl der Krieg in Europa Einzug gehalten hat, befindet sich laut Prof. Dr. Thomas Straubhaar ein ebenso wichtiger Hotspot für die Schweiz in Taiwan. Besonders das Machtspiel zwischen China und den USA werde in der Zukunft wichtiger denn je. Für Straubhaar ist klar: «Was wir mit der Globalisierung die letzten 60 Jahre erlebt haben, wird so nicht mehr weitergehen.» Europa müsse sich zwischen dem Handel mit den USA oder mit China entscheiden.
Diese Zeitenwende einzugestehen, sei jetzt für Unternehmerinnen und Unternehmer besonders wichtig. «Es wird zu einem neuen Bild der Globalisierung kommen», meint Thomas Straubhaar und fügt hinzu, dass Effizienz hierbei neu definiert wird: «Effizienz und Kostenminimierung alleine werden nicht mehr im selben Ausmass das Unternehmensgeschäft mitbestimmen wie bis anhin.» Neben der Effizienz spielten jetzt Versorgungssicherheit und Resilienz eine grosse Rolle. Die Produktion werde wieder lokalisiert. «Halbleiter in Europa, das ist die Devise der neuen Globalisierung», fügt Prof. Dr. Thomas Straubhaar hinzu. Für die Schweiz dürfte dieses Thema Chancen bieten, da sie Weltmarktführerin in der Logistik sei.
Angesichts dieser Veränderungen forderte der Wirtschaftsexperte abschliessend in seiner Rede auf: «Sie müssen mehr Produkte produzieren.» Man solle keine Angst vor Wachstum haben, denn die Krise sei die Möglichkeit, neue Chancen wahrzunehmen und Innovation voranzutreiben.
Prof. Dr. Thomas Straubhaar
Nebst vor Ort in Horgen fanden sich auch im Studio in Zürich Expertinnen und Experten zur Live-Sendung ein. Hier begrüsste Moderatorin Marianne Fassbind die Gäste: Helmut Ruhl, CEO AMAG Group AG, Lukas Böni, Mitgründer Planted, und Sabine Sylvia Bruckner, Geschäftsführerin Pfizer Schweiz. Das Referat von Prof. Dr. Thomas Straubhaar stiess bei den Panel-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern auf Zustimmung: «Ich glaube, wir als Unternehmen sind gefragt, neue und nachhaltige Lösungen im Zuge dieser neuen Globalisierung zu finden», meinte Sabine Sylvia Bruckner.
Dass sich zudem die Produktion vermehrt in der Region abspielen wird, ist bereits in der Autobranche anzutreffen. Helmut Ruhl erzählte dazu im Studio, dass sich die Geschäftsmodelle regionalisieren. Beispielsweise baue Volkswagen in Europa noch in diesem Jahrzehnt sechs Gigafabriken, um Batterie-Packs herzustellen: «Sie werden nicht in Asien hergestellt und nicht verschifft, sondern sie werden hier im europäischen Wirtschaftsraum gebaut», so der Automobilexperte.
Ein weiteres Thema, dass den Gästen im Zürcher Studio auf dem Herzen lag, war schliesslich die Nachhaltigkeit. Die Bemühungen der Automobilindustrie konnte Helmut Ruhl bezeugen: «Wir setzen unter anderem auf die hundertprozentige Elektrifizierung von PKWs im Neuwagenbereich.» Das ist aber nicht alles. Mit der Beteiligung am ETH-Spin-off Synhelion erhofft sich AMAG, bereits Mitte dieses Jahrzehnts E-Fuels produzieren zu können.
Ähnlich innovativ geht es in der Nahrungsmittelindustrie mit dem Wandel hin zu einer nachhaltigeren Ernährung zu. Laut Lukas Böni stellt sich hier aber die Hauptfrage: «Warum muss man Fleisch ersetzen?» Seine Antwort ist klar: Fleisch ist stark kulturell verankert, beim Wechsel ist besonders auf eine Varietät zu achten.» Für Lukas Böni müssen hier insbesondere die Innovation und der Fokus des Unternehmens stimmen. Wichtig sei es aber auch, keine Angst zu haben und Mut zu zeigen.
Doch was heisst es, mutig zu sein? Heisst es, in neue Höhen zu klettern? Oder eine neue Strategie einzuführen? Der Unternehmerkongress zeigt: Mut ist, Veränderungen als Chance zu sehen und nicht als Gefahr. So wie einst Alfred Escher dies getan hat.