«Ein Notfallplan für Unternehmerinnen und Unternehmer ist essenziell.»

Erleidet eine Unternehmerin oder ein Unternehmer einen Unfall oder wird krank, entstehen hohe Risiken für das Unternehmen. Wer übernimmt die Leitung des Unternehmens? Sind Zeichnungsrechte so aufgesetzt, dass kurzfristige Liquidität zur Verfügung steht? Wie ist die Nachfolge geregelt? Ein sorgfältig vorbereiteter Notfallplan kann hier die nötige Absicherung bieten.

Fehlende Handlungsfähigkeit – ein Albtraum für Unternehmerinnen und Unternehmer

Ein Skiunfall in Davos oder eine ernstzunehmende Krankheit: Nach Schicksalsschlägen steht das Leben Kopf. Im Falle einer eingeschränkten Handlungsfähigkeit hat das für Unternehmenseignerinnen und -eigner weitreichende Folgen. Nebst unzähligen Fragezeichen im Privat- und Familienleben türmen sich schwierige Fragen rund um die Unternehmensführung: Was passiert mit der Firma? Wer übernimmt die Führung?

 

Genau solche Fragen rund um einen Schicksalsschlag haben Hans Baumgartner, Leiter Entrepreneurs & Executives Schweiz, und Désirée von Michaelis, Leiterin Wealth Planning Schweiz, im Interview beantwortet.

Herr Baumgartner, warum brauchen Unternehmerinnen und Unternehmer einen Notfallplan?

Ganz grundsätzlich macht ein Notfallplan für jeden Menschen Sinn. Denn eine Krankheit oder ein Unfall kann jeden treffen. Ist man Eigentümer eines Unternehmens, kommen jedoch weitreichendere Konsequenzen dazu: Die Unternehmensführung kann abrupt enden oder die gesamte Firma partiell oder ganz handlungsunfähig werden. Ein Notfallplan für Unternehmerinnen und Unternehmer ist essenziell.

 

Die Auswirkungen eines Unglücks hören zudem aber leider nicht beim Unternehmen auf: Liquiditätseinbussen und finanzielle Schwierigkeiten können auch die eigene Familie erschüttern und belasten zusätzlich zum emotionalen Aspekt.

 

Frau von Michaelis, worum geht es in einem Notfallplan?

Die Kernfragen sind: Wer wird an meiner Stelle die Geschäftsführung übernehmen bzw. mich vertreten oder sogar meine Nachfolge antreten? Ist meine Familie ausreichend abgesichert?

 

Welche Aspekte werden im Notfallplan berücksichtigt?

Désirée von Michaelis: So ungern man sich mit diesen Fragestellungen auseinandersetzt: Der Notfallplan muss vorübergehende Ausfälle regeln, aber auch langfristige Konsequenzen von Schicksalsschlägen, wie Invalidität oder Tod. Es geht zum einen darum, privat wie unternehmerisch die Vertretungsverhältnisse zu regeln und das Unternehmen handlungsfähig zu halten. Juristisch gesehen erfordert dies Regelungen im Bereich des Gesellschafts- und Handelsregisterrechts und des Erwachsenenschutz- und Erbrechts. Darüber hinaus ist es wichtig, die finanzielle Absicherungen zu verstehen und allfällige Lücken zu erkennen – daher sollte man auch die Sozialversicherungsleistungen abklären.

Wie können Unternehmerinnen und Unternehmer sicherstellen, dass ihre Firma in einem solchen Fall nach aussen rechtsgültig vertreten werden kann?

Hans Baumgartner: Sie sollten die im Handelsregister eingetragenen Zeichnungsrechte überprüfen und die Handlungsfähigkeit durch zusätzliche Unterschriftsberechtigungen für den Notfall gewährleisten. Auch der Zugriff auf Liquidität muss sichergestellt sein. Möglich ist das unter anderem durch die Errichtung von zusätzlichen Einzel- oder Kollektivzeichnungsrechten auf den entsprechenden Konten.

 

Désirée von Michaelis: Bestehen Gesellschafter- oder Aktionärsbindungsverträge, sollten diese mit dem Vorsorgeauftrag und der letztwilligen Verfügung abgestimmt werden. Ein Beispiel hierfür kann die Regelung zum Ausscheiden eines verstorbenen Aktionärs sein, die nicht im Einklang mit der aktuellen Nachlassregelung steht. In jedem Fall lohnt sich eine Überprüfung aller Dokumente durch einen Experten. Dadurch lassen sich nachteilige Ausgangslagen oder Widersprüche vermeiden.

 

Gehört ein Vorsorgeauftrag auch zum Notfallplan?

Haus Baumgartner: Genau. Denn dieser sichert nicht nur die Vertretung der Interessen im privaten Bereich. Er wahrt zugleich auch Mitgliedschafts- und Vermögensrechte als Gesellschafterin, Gesellschafter oder als Aktionärin, Aktionär.

 

Was sind weitere Instrumente, mit denen sich ein Notfallplan umsetzen lässt?

Désirée von Michaelis: Ein weiteres Beispiel ist die Verfügung von Todes wegen. Diese kann man unter anderem auch für die Regelung der Nachfolge und der Sicherung der Unternehmensfortführung errichten. Bei Bedarf ergänzt man sie mit einer entsprechenden ehe- oder erbvertraglichen Regelung. Eine gute Regelung der Nachfolgeplanung lohnt sich auf jeden Fall.

 

Wie kann man sich als Inhaberin oder Inhaber eines Unternehmens sonst noch für den Ernstfall absichern?

Hans Baumgartner: Weitere Vorkehrungen im Rahmen eines Notfallplans umfassen die Überprüfung der aktuellen Vorsorgesituation in der ersten, zweiten sowie dritten Säule. Die Absicherung kann optimiert werden – zum Beispiel durch eine Verbesserung der Pensionskassenleistung über eine Unfallzusatzversicherung bis hin zu einer Lebensversicherung.

 

Wie gehen Sie bei der Erstellung eines Notfallplans vor?

Désirée von Michaelis: Zunächst orientieren wir unsere Kundin oder unseren Kunden im Rahmen eines unverbindlichen Gesprächs über die verschiedenen Aspekte eines Notfallplans und verschaffen uns einen ersten Überblick, in welchen Dimensionen schon Regelungen existieren und wo es Lücken gibt. Auf Wunsch des Kunden steigen wir in eine vertiefte Analyse der Situation und der Wünsche des Kunden ein und überprüfen bestehende Regelungen auf Vollständigkeit und Konsistenz untereinander. Die Ergebnisse unserer Analyse und unsere Empfehlungen stellen wir in einem übersichtlichen Bericht zusammen. Der Kundenberater zusammen mit unseren Erbschafts-, Steuer- und Finanzplanungsexperten unterstützt anschliessend gerne bei der Behebung allfälliger Schwachstellen im Notfallplan.