Seit bald zwei Jahren beschert die COVID-Pandemie Unternehmen schwierige Zeiten. Eine langfristige Planung, etwa im Währungsmanagement, ist kaum mehr möglich. Diese Phase scheint sich trotz steigendem Anteil an Geimpften noch länger hinzuziehen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie Firmen ihre Fremdwährungsrisiken bestmöglich managen. «In dieser unsicheren Situation ist es wichtig, möglichst flexibel zu bleiben, um sich an das ständig wandelnde Umfeld anpassen zu können», sagt Maxime Gineys, FX Sales Swiss Corporate Clients der Credit Suisse.
Er zieht drei konkrete Lehren aus dem Fremdwährungsmanagement für Unternehmen:
«Ein Unternehmen sollte in der Währungsabsicherung immer verschiedene Zukunftsszenarien berücksichtigen, deren potenzielle Auswirkungen beurteilen und dann eine Strategie zur Reduzierung der Risiken umsetzen», erklärt Maxime Gineys. Deshalb sei es wichtig, die aktuelle Situation stets gemeinsam mit den persönlichen FX-Beratern zu analysieren und ein konkretes Ziel für das Absicherungsniveau festzulegen.
«Das Wichtigste ist, die Bedürfnisse richtig einzuschätzen, indem auch die Devisenflüsse der Worst-Case-Szenarien simuliert werden», so der FX-Spezialist. Er rät Unternehmen, einen dynamischen Ansatz zu verfolgen und einige Niveaus für einen Standard-Forward, Risk Reversal oder Participating Forward auf Basis des aktuellen Kassakurses zu definieren. Auf dieser Grundlage könnten Unternehmen dann in einem nächsten Schritt eine auf ihre Bedürfnisse massgeschneiderte Absicherungslösung definieren.
Ein wichtiger Punkt in der Währungsabsicherung ist für jedes Unternehmen die Steuerung der Risiken. Im derzeit unsicheren Umfeld zahlt sich eine hohe Flexibilität besonders aus: Dadurch können Firmen von günstigen Marktbewegungen profitieren, während gleichzeitig für Absicherung gesorgt ist, sollten negative Ereignisse eintreffen.
«Eine Lösung, die all diese Kriterien erfüllt, ist der Participating Forward», sagt Maxime Gineys. «Mit dieser Strategie sichert ein Unternehmen seine Exposure zu 100 Prozent ab, geht aber nur eine Verpflichtung über 50 Prozent des Betrags ein.» Hierdurch ist das Unternehmen auf dem im Vorfeld definierten Niveau abgesichert. Gleichzeitig kann es aber als Verkäufer von Aufwärtsbewegungen beziehungsweise als Käufer von Abwärtsbewegungen des Fremdwährungskurses profitieren.
Eine zweite wirksame Strategie ist ein Risk Reversal oder ein sogenannter «Collar». Dabei wird ein Wechselkurs innerhalb eines bestimmten Bereichs fixiert. «Wir definieren zunächst gemeinsam mit unseren Kunden eine Unter- und eine Obergrenze», erklärt der Experte. «Anschliessend wird, abhängig von der Richtung der Transaktionen, einer der beiden Ausübungspreise zur Absicherung des Wechselkurses verwendet. Der andere stellt eine Verpflichtung dar.» Das gibt dem Unternehmen die Gewissheit, dass der Wechselkurs nicht unter den tieferen Ausübungspreis fällt oder über den oberen Ausübungspreis steigt.
Ein Unternehmen sichert sich bei einem Kurs von 1.06 für den Kauf von EUR gegenüber CHF ab. Jeden Monat gibt es ein Verfallsdatum, wobei EUR 200'000 abgesichert sind. Das bedeutet, wenn der EUR/CHF-Kassakurs bei Verfall höher ist als 1.06, ist das Unternehmen vollständig abgesichert und kann die EUR 200'000 zum Kurs von 1.06 kaufen. Liegt der Kassakurs jedoch unter 1.06, muss es dank des Participating Forward nur 50 Prozent des Betrags – in diesem Fall also EUR 100'000 – zum Ausübungspreis von 1.06 kaufen. Danach kann die Firma frei entscheiden, ob sie die andere Hälfte des Betrags zum tieferen Kurs auf dem Markt einkaufen will, um einen günstigeren Durchschnittskurs zu erreichen.
Die optimale Absicherungsstrategie ist für jede Firma individuell. Dennoch gibt es drei zentrale Punkte, die Unternehmen bei der Absicherung ihrer Währungsrisiken berücksichtigen sollten:
Das Jahr 2021 war von einer geringen Volatilität in den Hauptwährungen geprägt. Deswegen auf eine Absicherung künftiger Fremdwährungsrisiken zu verzichten, sei dennoch riskant, sagt Maxime Gineys. «Vielmehr ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um das eigene Engagement abzusichern. Denn bei einer Phase geringer Volatilität ist die Risikoabsicherung immer günstiger – insbesondere bei Währungsstrukturen, die Optionen kombinieren.».
Im von den Zentralbanken beruhigten Umfeld antizipiere der Markt zudem ein geringeres Risiko von Schwankungen. «Das heisst aber nicht, dass es keine Schwankungen geben wird», erklärt der FX-Spezialist weiter. Darüber hinaus könnten viele Zentralbanken 2022 ihre quantitativen Programme reduzieren oder einstellen und mit Zinserhöhungen beginnen, was die Volatilität steigert. «Daher sollte es im Interesse des Unternehmens sein, sich abzusichern, anstatt sich einem zusätzlichen Risiko auszusetzen.»