Seit 75 Jahren am Drücker

Wer Bus oder Zug fährt, hat viele Produkte der EAO AG schon berührt. Das Oltner Familienunternehmen stellt Tasten, Schalter und komplette Bediensysteme her, unter anderem für öffentliche Verkehrsmittel. Im Interview spricht CEO Kurt Loosli über Ergonomie und Schönheit von Bedienelementen und den Mut für Experimente.

Herr Loosli, welche Art von Oberflächen mögen Sie persönlich gar nicht?

Dinge, die «gummig» und klebrig sind. Es ist ein seltsames Gefühl, solche Oberflächen zu berühren. Man bleibt kleben und weiss nicht recht, ob sie schmutzig sind.

 

Was ist bei den Oberflächen Ihrer Produkte wichtig?

Wir gestalten Bedienoberflächen, die bestimmte Befehls- und Meldefunktionen erfüllen. Sie müssen ergonomisch und intuitiv sein, damit zum Beispiel Tramführer sie nutzen können, ohne hinzuschauen. Diese sollten beim Berühren sofort wissen, welches Interaktionselement sie gerade verwenden. Die Geometrie der Bedienelemente – konkret die Form – ist dabei wichtiger als die Materialbeschaffenheit. Ebenfalls wichtig ist das aktive Feedback, das die Nutzerinnen und Nutzer erhalten, wenn sie eine Taste drücken. Das kann ein Klick oder ein Piep sein; Hauptsache, sie wissen, dass der Befehl erfolgt ist.

 

Was gehört alles zum Tätigkeitsfeld von EAO?

Wir entwickeln innovative, intuitive und zuverlässige mechatronische Produkte, welche die Interaktion von Mensch und Maschine ermöglichen. Das sind beispielsweise Tasten, Joysticks und Tastaturen, aber auch komplette Bediensysteme, sogenannte HMI-Produkte (Human Machine Interfaces). Unsere Produkte finden sich primär in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Maschinenbau und in Spezialfahrzeugen wie Bagger, Traktoren und Feuerwehrautos; dort wo Langlebigkeit und Robustheit gefordert sind. Zu unseren Tätigkeiten zählen auch der weltweite Vertrieb und die Beratung. Wir haben eigene Verkaufsgesellschaften und Distributionsvertretungen in rund 60 Ländern weltweit und arbeiten als Hersteller mit internationalen Lieferanten zusammen.

Sie sprechen es an: Sie sind auf der ganzen Welt tätig. Was unterscheidet Sie von der internationalen Konkurrenz?

Die meisten Mitbewerber haben ein enges Produktportfolio. Wir haben uns spezialisiert, bieten aber eine sehr breite Auswahl an Produkten und Kombinationsmöglichkeiten an. Durch die Modularität unseres Portfolios können wir die Kosten verhältnismässig tief halten. Ausserdem legen wir viel Wert auf das Design: Wir verkaufen immer auch das schöne «Gesicht» von Bedienelementen. Reine on/off-Funktionen reichen uns nicht, unsere Tasten sind ästhetisch. Kürzlich haben wir zwei weitere internationale Designpreise gewonnen, die uns sehr stolz machen.

06/07/2023

Sie führen EAO in zweiter Generation. Warum haben Sie sich entschieden, ins Familienunternehmen einzusteigen?

Das ergab sich aus der Situation heraus. Die zweite Gründerfamilie hatte sich 1996 dazu entschieden, ihren Aktienanteil an der Firma zu verkaufen. Ich war damals für eine Beratungsfirma tätig und auf dem Sprung nach Asien. Als meine Mutter beschloss, die Firma ganz zu übernehmen, blieb ich hier und stieg ins Geschäft ein, damals noch in der Produktentwicklung. Die Vision war klar: Wir wollten das Kerngeschäft mit Human Machine Interfaces vorantreiben und haben weitere, ursprüngliche Firmenprodukte – Transformatoren und Gleichrichter – sukzessive verkauft.

 

Inwieweit ist das Traditionelle heute noch wichtig für die Firma?

Wir sind dem Standort Olten treu geblieben, weil wir hier als Familie und als Unternehmen stark verwurzelt sind. Man kennt uns. Die Nähe und den direkten Kontakt zu den weltweiten Kundinnen und Kunden und zu unseren Mitarbeitenden war und ist uns sehr wichtig. Das ist eine lange Tradition, Teil unserer DNA. Auch legen wir als Familienunternehmen grossen Wert auf professionelle Führung, weil wir uns auf den internationalen Märkten bewegen: Wir spüren den Konkurrenzdruck und müssen mit Marktschwankungen und anderen globalen Einflüssen umgehen. Jüngstes Beispiel ist die Coronapandemie, die aufgrund der Lieferengpässe auch unser Geschäft beeinflusst.

 

Was sind die wichtigsten Learnings aus der mittlerweile 75-jährigen Unternehmensgeschichte?

Die Mensch-Maschine-Interaktion entspricht einem Grundbedürfnis. Damit geht uns die Arbeit eigentlich nie aus. Mit dem Fokus auf dieses Thema haben wir eine hervorragende Basis und eine sehr langfristige Zukunft. Dennoch ist es häufig schwierig, in unseren reifen und gesättigten Märkten als Spezialist zu beurteilen, ob sich eine Investition wirklich lohnt. Grundsätzlich entwickeln wir langjährige Produkte, wollen in vielen Anwendungen führend sein. Da müssen wir den Markt sehr genau beobachten und einschätzen, für welche der vielen weltweiten Kunden wir das Produkt weiterentwickeln möchten oder nicht. Was wir gelernt haben: Manchmal darf man nicht zu lange analysieren, sondern muss experimentieren und Mut beweisen – unternehmerisch wirken eben.

Und wie gehen Sie als Unternehmer und CEO voran?

Meiner Meinung nach sollte ein CEO persönlich präsent sein und sich nicht in seinem Büro verstecken. Es ist wichtig, den Kontakt zu den eigenen Mitarbeitenden und Kundinnen und Kunden zu pflegen, ihren Puls zu fühlen und die Bedürfnisse zu kennen. Die Visionen der Firma sollte man nicht einfach kommunizieren, sondern gemeinsam erarbeiten und vorleben. Und schliesslich muss ein guter CEO die eigenen Produkte verstehen, sich in Kundenbedürfnisse eindenken können und die Differenzierungsfaktoren kennen. Ein CEO muss sich ständig die Frage stellen: Was können wir für unsere Kunden besser machen?

06/07/2023

Welche Ziele verfolgt EAO in den nächsten Jahren?

Einerseits geht es darum, die Hauptmarktstellung in den wichtigsten Industrieländern weiterzuentwickeln und zu expandieren. Andererseits gibt es interessante Produktlücken, die wir füllen möchten, um die Position als Gesamtanbieter zu stärken. Hier gilt es, gezielte Investitionen zu tätigen. Weiter arbeiten wir seit einigen Jahren an der Digitalisierung unseres Produktportfolios. Mit einem eigens entwickelten digitalen Konfigurator können wir die Produkte in 3D und Echtzeit abbilden. Unser Ziel ist es, so den gesamten Bestellvorgang anhand eines digitalen Modells höchst interaktiv und für den Kunden sehr intuitiv zu gestalten. Damit bekommt der Kunde zum gewählten Produkt die spezifischen Unterlagen digital mitgeliefert. Das ist absolut neuartig und bietet so konsequent noch niemand.

Zum Unternehmen

Anzahl Mitarbeitende: über 600
Gründungsjahr: 1947
Firmensitz: Olten
Tätigkeitsbereich: Entwicklung und Produktion von sogenannten Human Machine Interfaces
Aufgefallen: Im Jahr 2022 feiert EAO sein 75-Jahr-Jubiläum