Die Konfrontation zwischen dem Westen und Russland hat die Ära des Multilateralismus – zumindest vorläufig – beendet. An ihrer Stelle tritt ein stärker fragmentiertes und multipolares Weltsystem hervor, innerhalb dessen sich der Handel und die internationalen Beziehungen entsprechend neu ordnen. Inmitten dieser Umwälzungen finden sich auch die Schweizer Unternehmen wieder. Um herauszufinden, wie sie diese turbulenten Zeiten meistern, hat die Credit Suisse eine Befragung bei 650 Unternehmen durchgeführt. Um auf grössenspezifische Unterschiede eingehen zu können, wurden in der diesjährigen KMU-Studie nebst KMU auch 50 Grossunternehmen befragt.
Wie aus der Umfrage hervorgeht, machen sich die geopolitischen Spannungen im Unternehmensalltag bemerkbar: So registrierten Schweizer Unternehmen in den letzten drei Jahren eine Zunahme der Geschäftsrisiken. Diese fielen unter anderem in Russland und der Ukraine besonders stark aus, aber auch in Argentinien, im Iran und in Neuseeland überwiegen die Geschäftsrisiken die -chancen. Wenig erstaunlich, wird die Liste der Länder, aus denen sich Schweizer Unternehmen in den letzten drei Jahren zurückgezogen haben, von Russland angeführt: rund 6 Prozent aller befragten Unternehmen haben Russland verlassen – bei den Grossunternehmen liegt der Anteil sogar bei 24 Prozent. Gerade unter den Grossunternehmen lassen sich jedoch bereits ein paar Firmen finden, die eine (Wieder-)Aufnahme der Geschäftstätigkeit in Russland planen. Das Fazit ist eindeutig: Insgesamt zeugen die Umfrageresultate von einer Welt im Wandel.
Neben Sanktionen bremsen auch Zölle und andere nichttarifäre Hürden wie beispielsweise Vorschriften im öffentlichen Beschaffungswesen oder Zulassungsverfahren die Unternehmen aus. Zudem zeugen die Umfrageergebnisse von einer Zunahme der Regulierungsdichte: Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen stellte in den letzten drei Jahren eine Zunahme der Regulierungsdichte fest. Diese Entwicklung scheinen Grossunternehmen deutlich stärker zu spüren als KMU. So beobachteten beispielsweise 62 Prozent der Grossunternehmen, aber nur 35 Prozent der mittleren Unternehmen und rund 40 Prozent der kleineren Unternehmen eine Zunahme der Regulierungen bei Technologien.
Wie aus der Umfrage hervorgeht, treibt die EU ihre Regulierungsagenda voran und ist in vielen Bereichen sogar Vorreiterin: In der Umfrage berichteten Unternehmen mit einem EU-Fokus tendenziell über eine stärkere Zunahme der Regulierungsdichte als Unternehmen ohne hauptsächlichen EU-Fokus. Dies trifft auf alle betrachteten Regulierungsbereiche mit Ausnahme der Arbeitsmarktregulierung zu.
Das rasche Aufeinanderfolgen von Krisen rückt die Frage ins Zentrum, wie es um die Anpassungs- und Reaktionsfähigkeit der Schweizer Unternehmen bei unvorhergesehenen Ereignissen steht. Wie aus der Umfrage hervorgeht, sehen sich diesbezüglich rund 40 Prozent der Unternehmen in einer guten beziehungsweise sehr guten Position – und nur gerade 22 Prozent sind gegenteiliger Meinung.
Die Umfrage zeigt in diesem Zusammenhang, dass Krisen bei genügend Flexibilität auch immer eine Chance darstellen können. Fast 60 Prozent der Unternehmen gaben an, dass sich trotz der Krisen der letzten drei Jahre auch neue Geschäftsfelder ergeben haben. Auch der aktuellen Energiekrise können die Schweizer Unternehmen etwas Gutes abgewinnen: Mehr als die Hälfte ist der Auffassung, dass die aktuelle Energiekrise für sie eine Chance darstellt, um nachhaltiger zu werden. All dies stimmt uns mit Blick auf künftige Herausforderungen optimistisch – nicht nur für das aktuelle Jahr, sondern auch darüber hinaus.