Fredy Hasenmaile
Leiter Immobilienanalyse, Credit Suisse
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Die durch die COVID-19-Pandemie stark beschleunigte Veränderung der Arbeitswelt setzt den Büroimmobilienmarkt unter Druck. Homeoffice- und Desk-Sharing-Konzepte reduzieren den Quadratmeterbedarf von Bürofläche pro Mitarbeiter. Obwohl dieser Trend langfristig durch Beschäftigungswachstum, Digitalisierung und Tertiärisierung sogar überkompensiert wird, rechnet die Credit Suisse wegen einer anhaltend verminderten Büropräsenz in vielen Unternehmen nach wie vor mit einer einmaligen Reduktion des Büroflächenbedarfs um rund 15 Prozent bis zirka 2026.
Fredy Hasenmaile, Leiter Immobilienanalyse, erklärt im Interview, wieso sich der Schweizer Büroflächenmarkt trotz Homeoffice-Trend aktuell in einem Zwischenhoch befindet.
Vorübergehend verzeichnet die Nachfrage am Schweizer Büroflächenmarkt ein Zwischenhoch. Dieses entspringt Nachholeffekten wegen der COVID-19-Pandemie sowie einem starken Beschäftigungswachstum. Für 2022 dürfte der Zusatzbedarf insgesamt 840’000 m² beziffern – 2023 dürfte er sich dann aber auf einem klar tieferen Niveau von rund 295’000 m² einpendeln.
Hybride Arbeitsmodelle und die zunehmende Digitalisierung beeinflussen nicht nur den Flächenbedarf, sondern auch die Anforderungen an die Qualität dieser Flächen. Beispielsweise werden vermehrt gut gelegene und moderne Flächen nachgefragt, welche die Identifikation der Arbeitnehmenden mit dem Unternehmen stärken und je nach Bedürfnis flexibel genutzt werden können. Da konzentrierte Einzelarbeit vermehrt im Homeoffice stattfindet, wird das Büro als Kommunikations- und Austauschort noch wichtiger. Auch wenn die zyklische Büroflächennachfrage jüngst deutlich angezogen hat, führt der Wandel der Arbeitswelt so insbesondere bei Liegenschaften an schlechten Mikrolagen zu anhaltenden Leerständen.
Während viele Städte so eine erhöhte Anzahl leer stehender Büros verzeichnen, ist es bei den Wohnungen umgekehrt. Dementsprechend gewinnt die Frage, ob sich aus leeren Büros neue Wohnungen machen lassen, zunehmend an Bedeutung.
Bei einem potenziellen Umnutzungsprojekt müssen jedoch sowohl rechtliche als auch bauliche und ökonomische Fragen geklärt werden. Ist eine Umnutzung zonenkonform? Diese Frage wird von Projektentwicklern als eine der Haupthürden für eine vermehrte Umnutzung von Bürogebäuden angegeben. Wenn ja, eignen sich Standort und Gebäude überhaupt für eine Nutzung? Dabei gibt es einige Herausforderungen im Zusammenhang mit Umnutzungen zu bedenken:
Die nötigen baulichen Massnahmen, um eine Bürofläche in Wohnraum zu verwandeln, können hohe Kosten verursachen. Als Richtwert werden bei solchen Projekten oft rund 75 bis 80 Prozent der Neubaukosten angenommen. Es gibt jedoch Studien, die zeigen, dass die finanziellen Aufwendungen genauso hoch oder sogar höher sein können als bei vergleichbaren Neubauprojekten.
Aus Investorensicht sind die hohen Umbaukosten nicht per se ein Hindernis, sofern ausreichende Erträge mit dem Umbau erwirtschaftet werden können. Neben den objektspezifischen Umbaukosten zählen daher besonders die zu erwartenden Mieten und Leerstände der jeweiligen Segmente. Konkret gilt es abzuwägen, um wie viel niedriger der Leerstand und wie viel höher der Mietpreis pro m2 sein muss, um die mit dem Umbau verbundenen Kosten zu kompensieren und auf allenfalls geringerer Fläche eine mindestens gleich hohe Rendite zu erzielen.
Neben der Umnutzung zu Wohnungen ist auch die Umnutzung zu Schulraum eine zunehmend beobachtete Variante bei andauernden Leerständen. Der Umbau zu Schulräumen ist nicht nur baulich deutlich weniger aufwendig, auch die Umbauzeit ist kürzer als bei Wohnungen. Darüber hinaus sind Schulen in der Regel attraktive Mieter mit eher langfristiger Perspektive und niedrigem Ausfallrisiko.
In der Schweiz gehören Bern und Zürich zu den Vorreitern der Umwandlungen von Büro zu Wohnen. Übergreifend betrachtet sind Umnutzungen schweizweit aber noch recht selten. Das erklärt sich weniger durch bauliche Hindernisse als vielmehr durch die oft unzureichende Rentabilität, die auf die hohen Umbaukosten einerseits und die niedrige Mietdifferenz zwischen Wohnen und Büro andererseits zurückgeht. Angesichts der stark gestiegenen Preise für Rohstoffe und Baumaterialen und des zunehmenden Gewichts von Nachhaltigkeitsbetrachtungen gewinnt die Frage, ob sich die Sanierung eines Bestandsobjekts im Vergleich zu Abriss und Neubau lohnt, jedoch nun zusätzlich an Bedeutung.