Wie steigende Zinsen Hausbesitzer treffen würden
Relativ zur Wirtschaftsleistung ist die Schweizer Volkswirtschaft ähnlich hoch verschuldet wie jene in Italien, den USA oder China. Besonders hoch sind die Hypothekarschulden. Obwohl vieles Fix-Hypotheken sind, sollten steigende Zinsen nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Das Zinsgefüge ist im Zuge des globalen Wirtschaftsaufschwungs jüngst auch in der Schweiz in Bewegung geraten. Obwohl die Schweizerische Nationalbank (SNB) das Zielband für den dreimonatigen CHF-Libor vermutlich bis 2019 unverändert im negativen Bereich belassen wird, sind die längerfristigen Zinsen markant gestiegen.
Sollte der globale Aufschwung anhalten und die Inflation anziehen, ist es wahrscheinlich, dass sich auch der Zinsanstieg fortsetzt. Welches wären die Folgen höherer Zinsen für die Schweizer Wirtschaft und für Immobilienbesitzer?
Zinsen scheinen jüngst Boden gefunden zu haben
Rendite zehnjähriger Staatsanleihen, in %
Quelle: Datastream, Credit Suisse
Hypothekarschulden auf Rekordhoch
Die erste und etwas vereinfachte Antwort ist, dass höhere Zinsen für Schuldner negativ und für Gläubiger positiv sind. Entgegen gängigen Ansichten ist der Schuldenstand in der Schweiz im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandprodukt, BIP) mit knapp 250 Prozent ähnlich hoch wie in Italien, in den USA oder in China.
Die Verteilung der Schulden unterscheidet sich jedoch deutlich von derjenigen im Ausland. Während die Staatsverschuldung in der Schweiz so tief ist wie kaum irgendwo auf der Welt und auch die Unternehmen vergleichsweise wenig verschuldet sind, ist die Verschuldung der Privathaushalte rekordhoch.
Schweizer Schuldenstand so hoch wie in Italien, den USA oder China
Verschuldung, in % des BIP
Quelle: Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Credit Suisse
Privathaushalte profitieren von tiefen Hypothekarzinsen in der Schweiz
Die Schulden der Schweizer Privathaushalte bestehen vor allem aus Hypothekarschulden: 95 Prozent aller Kredite sind durch Immobilien gedeckt. Den über 730 Milliarden Franken an Hypothekarschulden – grossmehrheitlich bei Schweizer Banken – stehen derzeit Immobilien im geschätzten Gegenwert von mehr als 1’900 Milliarden Franken gegenüber. Die Auswirkungen einer Zinsveränderung dürften damit sowohl für den Immobilienmarkt als auch für den hiesigen Bankensektor von hoher Relevanz sein.
Trotz der hohen Privatverschuldung ist der Anteil des Einkommens, der von den Haushalten für Zinszahlungen aufgewendet werden muss, derzeit so gering wie noch nie. Das ist so, weil die Hypothekarsätze – trotz des jüngsten Anstiegs – rekordtief sind. Der durchschnittliche Hypothekarzins liegt aktuell bei etwa 1,6 Prozent. Zum Vergleich: Wenn die Hypothekarsätze heute so hoch wären wie 2007 (3,3 Prozent), müssten die Eigentümerhaushalte doppelt so viel Geld für den Schuldendienst aufwenden wie heute. Wäre das Zinsniveau so hoch wie zu Spitzenzeiten in den 1990er-Jahren (7,8 Prozent), würde der Schuldendienst gar fünfmal mehr ausmachen.
Rekordtiefer Schuldendienst der Haushalte
Hypothekarschuldendienst im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt, in %
Quelle: SNB, Staatssekretariat für Wirtschaft, Bundesamt für Wohnungswesen, Credit Suisse
Auswirkungen steigender Zinsen in der Schweiz
Konkret wären dies 12 Milliarden Franken beziehungsweise 44 Milliarden Franken mehr pro Jahr als zurzeit. Nur schon eine Rückkehr zu Zinsen wie im Jahr 2007 könnte also die Haushaltsbudgets beträchtlich belasten. Weil Fix-Hypotheken (fixierter Zinssatz über eine bestimmte Laufzeit) aber rund 80 Prozent des Hypothekarvolumens ausmachen, spüren Hauseigentümer Zinsänderungen nur verzögert.
Trotzdem sollte das Risiko von Zinsveränderungen nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Denn Immobilien sind ein relativ illiquides Anlagegut.