Weltwirtschaft nach COVID-19. Die Folgen für die globalen Märkte.
In welche Richtung bewegt sich die Weltwirtschaft nach dem COVID-19-Schock? Und welche Trends werden die Wirtschaftsentwicklung an den globalen Märkten nach der Pandemie prägen? Lesen Sie die Analysen der Credit Suisse-Finanzexperten in unserem Outlook.
Die Pandemie hat eine volatile Wirtschaftsentwicklung zur Folge
2020 wird als ein historisches Jahr mit einzigartiger Konjunkturentwicklung in die Geschichtsbücher eingehen. Auf den stärksten Quartalseinbruch des globalen Bruttoinlandprodukts (BIP) im 2. Quartal als Folge der ersten Welle der COVID-19-Pandemie folgte der kräftigste, jemals in einem Quartal verzeichnete Wiederanstieg. Dem waren eine Lockerung der Corona-Auflagen sowie beispiellose haushalts- und geldpolitische Massnahmen mit massiven Stimuluspaketen vorausgegangen.
Weltwirtschaft zeigte nach dem Schock eine starke Erholung
Letzter Datenpunkt: 30.06.2020
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse
Verwerfungen durch die Pandemie haben Folgen für die Weltwirtschaft
Ein Schock wie die COVID-19-Pandemie bleibt auch für die Produktivität nicht ohne Folgen. Auf längere Sicht könnte sie zumindest in einigen Sektoren gesteigert werden. Denn der Lockdown hat zahlreiche Verwerfungen nach sich gezogen, durch die neue Geschäftsmodelle wie die Telemedizin und neue Arbeitsformen deutlichen Auftrieb erfahren. Diese Verwerfungen werden kurzfristig Kosten verursachen. Neue Geschäftsmodelle können auf lange Sicht jedoch zu Effizienzsteigerungen führen.
Die Pandemie und ihre Folgen dürften auch dazu beitragen, die Inflation 2021 im Zaum zu halten. Die langfristigen Auswirkungen der Krise auf die Teuerungsrate sind indes weniger absehbar. Mit der Zeit sind aufgeblähte Haushaltsdefizite und eine hohe Staatsverschuldung zu erwarten. Diese Destabilisierung der öffentlichen Finanzen kann die Inflation anheizen, aber nur, wenn die Zentralbanken auf künftigen Inflationsdruck unzureichend oder gar nicht reagieren. Noch ist es zu früh, um die Folgen solcher Extremrisiken abzuschätzen. Anleger sollten die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen jedoch im Auge behalten.
Weltwirtschaft zeigte nach dem Schock eine starke Erholung
*Inflationsperzentile über 2516 Länderjahre; Anleihen- und Aktienerträge aus demselben Jahr
Letzter Datenpunkt: 31.12.2019
Quelle: Elroy Dimson, Paul Marsh und Mike Staunton, DMS-Datensatz. Darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autoren nicht vervielfältigt werden.
Wie die COVID-19-Pandemie die Weltwirtschaft verändern wird
Krisen haben oftmals transformativen Charakter. Auch die Coronakrise dürfte langanhaltende Folgen nach sich ziehen und bereits bestehende Trends beschleunigen. Heute mit Blick auf die Welt nach COVID-19 zu handeln, kann dazu beitragen, die Wahrscheinlichkeit einer weiteren globalen pandemiebedingten Krise zu minimieren. Dies stellt überdies eine Gelegenheit dar, jene Probleme anzugehen, die das Wachstum und den Wohlstand in den letzten Jahrzehnten belastet haben. Folgende Trends dürften die Zukunft prägen:
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1 Inflations-Extremrisiken
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Das günstige Inflationsumfeld der letzten Jahrzehnte wird mittelfristig Bestand haben, aber die Extremrisiken in Bezug auf Deflation wie auch Inflation haben zugenommen.
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2 Multilateralismus 2.0
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Der Multilateralismus wird entweder neu gestaltet und reformiert oder weicht infolge der Interaktionen zwischen den USA und China dem Multipolarismus.
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3 Demokratie/Autokratie
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Beide Systeme können in einer Pandemie scheitern oder erfolgreich sein, da Krisenmanagement, staatliche Kapazitäten und Vertrauen der Bürger von grösserer Bedeutung sind als politische Systeme. Beide werden weiterhin nebeneinander bestehen.
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4 Mächtiger Staat
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Die umfangreicheren Befugnisse des Staates werden auch nach der Krise Bestand haben, wodurch gewünschte Veränderungen angestossen werden. Allerdings steigt auch das Risiko, dass die Marktdynamik und die Eigenverantwortung untergraben werden.
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5 Nearshoring
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Die Globalisierung wird sich nicht umkehren, aber sie wird sich weiter verlangsamen. Dabei liegt der Schwerpunkt verstärkt auf regionale Diversifizierung, Nahverlagerung (Nearshoring) der Produktion und Widerstandsfähigkeit anstelle von Kosteneffizienz.
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6 Überwachung
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Die Überwachungsaktivität und das Sammeln persönlicher Daten ermöglichen Staaten und Unternehmen, zu Informationsimperien zu werden. Ein umfassender Datenschutz ist unabdingbar.
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7 Arbeit
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Homeoffice hat einen festen Platz in der Arbeitswelt eingenommen und fördert eine noch grössere Flexibilität sowie neue Standards.
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8 Bildung
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Lebenslanges Lernen avanciert zu einem wesentlichen Bestandteil des Lebens aller Menschen, da dies zur Anpassungsfähigkeit sowie zum Erwerb von Kompetenzen beiträgt, mit denen sich Menschen von Maschinen abheben.
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9 Ungleichheit
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Ungleichheit bleibt ein grosser Schwerpunkt und wird möglicherweise eine stärkere Steuerumverteilung zur Folge haben, was wiederum Menschen- und Kapitalströme nach sich zieht.
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10 Dezentralisierung
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Städte werden überleben, sich dabei aber anpassen müssen. Das schafft Spielraum für weitere regionale Dezentralisierung und eine Wiederbelebung kleiner Städte in den Industrieländern.