Drohender Wohnungsmangel durch rückläufige Bautätigkeit
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Schweizer Raumentwicklung – Wohnungsbau rückläufig

Durch eine rückläufige Bautätigkeit in den letzten Jahren droht ein ausgeprägter Wohnungsmangel. Damit steuert die Schweiz auf eine Wohnraumknappheit zu, wie sie zuletzt Ende der 1980er-Jahre herrschte. Eine Ursache liegt auch bei der Raumplanung in den vergangenen Jahren.

Zwei Gründe sind für den zunehmenden Wohnungsmangel verantwortlich

Auf dem hiesigen Immobilienmarkt wird das Angebot immer knapper. Der Mangel an freien Wohnungen betrifft inzwischen nicht mehr nur die Grosszentren. Die wichtigsten Ursachen für diese Entwicklung:

1. Es wird zu wenig gebaut
Bereits seit 2016 ist die Bautätigkeit in der Schweiz rückläufig. Von 2015 bis 2018 wurden pro Jahr noch 54’000 Wohnungen erstellt. Im letzten Jahr sank die Zahl neu gebauter Wohnungen bereits auf 45’000. Für die Jahre 2023 und 2024 ist mit einer Wohnungsproduktion von nur noch 42’000 zu rechnen. Als Folge dieser Entwicklung dürfte die Leerstandsziffer bereits 2024 unter ein Prozent fallen.

2. Die Nachfrage ist gestiegen
Beeinflusst durch die erhöhte Nachfrage während der Pandemie und durch eine steigende Zuwanderung, ist die Nachfrage nach Wohnraum im Jahr 2022 gestiegen. Das Bundesamt für Statistik (BFS) rechnet mit einem jährlichen Zuwachs von 45’000 Haushalten. Die Zahl der fehlenden Wohnungen wird demnach bis 2024 auf 15’000 ansteigen. Auf Basis des tatsächlichen Haushaltswachstums, das zuletzt deutlich höher ausgefallen war, dürften aber rund doppelt so viele Wohnungen fehlen. Oder gar noch mehr, wenn auch die rund 62’000 Geflüchteten aus der Ukraine als Nachfragefaktor miteinbezogen werden.

Weniger Baugesuche und Baubewilligungen in der Schweiz

Die Zahl neu gebauter Wohnungen sinkt stetig 

Quelle: BFS, Baublatt, Credit Suisse
Letzter Datenpunkt: 11/2022

Weniger Baugesuche und Baubewilligungen in der Schweiz 

Die Zahl der Baugesuche und der Baubewilligungen hat in den letzten Jahren stark abgenommen. Das begann sich bereits 2019 auf die Zahlen der fertiggestellten Wohnungen niederzuschlagen.

Die Frage, warum der Wohnungsbau nicht auf den drohenden Wohnungsmangel reagierte, ist nicht einfach zu beantworten:

  • Unter anderem könnte die Pandemie eine bremsende Wirkung gehabt haben. Diese Begründung für den Rückgang ist aber wenig nachvollziehbar, da die Pandemie den Stellenwert der Wohnungen eigentlich aufgewertet hat.
  • Auch die bis 2020 steigenden Leerwohnungsbestände dürften den Wohnungsbau gebremst haben. Sie wurden in den vergangenen zwei Jahren zwar stark abgebaut, dennoch bleibt die Zahl neu geplanter Wohnungen bis heute tief.
  • Der Verdacht liegt nahe, dass vor allem strukturelle Faktoren den Wohnungsbau bremsen: 2014 gab es einen Paradigmenwechsel in der Raumplanung in Form des revidierten Raumplanungsgesetzes. 

Veränderung von Raumplanung und Raumordnungspolitik

Das revidierte Raumplanungsgesetz (RPG) von 2014 hat direkten Einfluss auf die Verfügbarkeit von Bauland in den Kantonen und Gemeinden. Mit dem Paradigmenwechsel sollen die Zersiedelung und das Wachstum in die Breite gebremst werden.

Bauzonen für Wohnnutzungen sind daher in den letzten zehn Jahren nicht weitergewachsen. Entsprechend sind die Bauzonenreserven zuletzt deutlich zurückgegangen, wobei sich der Rückgang regional unterscheidet: Zeitweise waren in verschiedenen Kantonen Einzonungen von Bauland gar nicht möglich.

Die Baulandreserven werden folglich knapper. Gleichzeitig liegen diese häufig ausserhalb der Agglomerationen, in denen sie am dringendsten benötigt würden. Ausserdem sind zahlreiche Bauzonen noch schlecht erschlossen: Rund 40 Prozent der Bauzonen in ländlichen und periurbanen Gemeinden verfügen über keine oder eine nur marginale Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr.

Zusätzlich tritt ein weiteres Problem auf: Bauland wird gehortet. In gewissen Fällen wird Bauland an attraktiver Lage vom Eigentümer nicht überbaut. Unter anderem, weil die Mittel für die Entwicklung fehlen und weil das Land im Familienbesitz bleiben soll. 

Bauzonenreserven in der Schweiz rückläufig

Rückgang der Bauzonenreserven in der gesamten Schweiz

Quelle: Bundesamt für Raumentwicklung, Credit Suisse, Geostat
Letzter Datenpunkt: 2022

Auswege aus der Wohnungsknappheit

Um die ausreichende Versorgung mit Wohnraum zu gewährleisten, gibt es nur eine Möglichkeit – Verdichtung.

In den vergangenen Jahren setzte bereits eine Wende im Pro-Kopf-Verbrauch an Siedlungsfläche ein. Darauf deuten unter anderem die steigende Anzahl Wohnungen sowie die kontinuierlich steigende Anzahl Stockwerke pro Gebäude hin.

Zielkonflikte mit den Zielen des Heimat-, Natur- und Lärmschutzes sowie langwierige Baubewilligungsprozesse zeigen aber, dass Wohnbauprojekte immer höhere Hürden überwinden müssen.

Steigende Anzahl Wohnungen pro Gebäude

Anzahl Wohnungen pro Gebäude nach Baujahr

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Letzter Datenpunkt: 04/2022

Die Verdichtung kann die Wohnungsknappheit daher nicht schnell genug und auch nicht in ausreichendem Ausmass bewältigen. Um einem drohenden Wohnungsmangel entgegenzuwirken, wurden folgende Handlungsfelder identifiziert:

  • Bekämpfung der Baulandhortung
  • Baugesetze in Zentren stärker auf Verdichtung ausrichten
  • Politische Zielkonflikte entschärfen
  • Umnutzung fördern
  • Prozess für Baubewilligungen beschleunigen 

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