Energiewende: energetische Sanierung fürs Eigenheim
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Energie frei Haus

Über und unter unseren Eigenheimen schlummern enorme Energiereserven. Wie man diese nutzen, finanziell profitieren und dabei zum Klimaschutz beitragen kann, zeigt dieser Ratgeber.

67 Terawattstunden Solarstrom für alle?

Allein die Energiemenge der Sonne, die auf die Schweiz trifft, ist enorm. Auf Hausdächern und -fassaden könnten gemäss dem Bundesamt für Energie jährlich rund 67 Terawattstunden Solarstrom produziert werden – 10 Prozent mehr, als der heutige Stromverbrauch in der Schweiz beträgt. Doch um die Energiestrategie 2050 des Bundes – eine klimaneutrale Schweiz – zu erreichen, ist noch mehr erforderlich.

Beispielsweise macht der Betrieb von Gebäuden rund 45 Prozent des gesamten jährlichen Energieverbrauchs der Schweiz aus. Es gilt also, die Liegenschaften besser zu dämmen und ausschliesslich mit erneuerbaren Energien zu heizen. Der Ersatz von Öl- und Gasheizungen hat dabei höchste Priorität – etwa mit einer Wärmepumpe mit Erdsonde. Diese Kombination bezieht rund drei Viertel der nötigen Heizenergie aus dem Boden. Man sieht: Auf jedem Grundstück ist erneuerbare Energie in grossen Mengen vorhanden – und erst noch gratis.

Energiewende schon 2035?

Dass sie auf einem beinahe unerschöpflichen Reservoir an Energie sitzen, ist aber längst noch nicht bei allen Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzern angekommen. Das zeigt der Ländervergleich 2021 der Schweizerischen Energie-Stiftung vom Juni 2022. Dort belegt die Schweiz bezüglich Produktion von Wind- und Solarkraft pro Kopf im europäischen Raum gerade einmal Platz 23 von insgesamt 28 Ländern. Bei der Solarkraft liegt sie europaweit wenigstens auf dem zehnten Platz.

Mitverantwortlich für das insgesamt schlechte Abschneiden der Schweiz ist laut Anton Gunzinger, dass das Potenzial der Solar- und Windenergie lange massiv unterschätzt worden sei. Dabei hätten sich diese im letzten Jahrzehnt zu den günstigsten Energiequellen überhaupt entwickelt. Der ehemalige ETH-Professor ist Autor des Buches «Kraftwerk Schweiz – so gelingt die Energiewende» (2015). Sein Appell: «Ab sofort bei jeder Haussanierung und bei jedem Neubau: Isolieren, Wärmepumpe installieren und Photovoltaik aufs Dach – und zwar süd- wie nordseitig.»

Hauseigener Strom – Photovoltaik

Wer umweltfreundlichen Strom vom eigenen Dach möchte, braucht aber derzeit viel Geduld. Denn die Auftragsbücher der Installationsfirmen sind voll, die Photovoltaik boomt. Das Warten lohnt sich – und zwar gleich mehrfach. Eine Solaranlage ist ökologisch, bringt eine gewisse Unabhängigkeit von den Entwicklungen auf dem Strommarkt und kann den Wert der Liegenschaft steigern.

Die Speicherung von Strom aus Photovoltaikanlagen und Windrädern ist ein viel diskutiertes Thema. Denn: Wie rettet man die Energie in die Nacht oder in die verbrauchsreichen Wintermonate? Batterien werden zwar immer billiger, doch sie sind nicht sehr ökologisch, da ihre Produktion äusserst energieintensiv ist. Sinnvoll ist hingegen die Nutzung einer Batterie, die sowieso schon da ist – jener des Elektroautos. Vorausgesetzt, man besitzt ein Modell, das zu «bidirektionalem Laden» fähig ist. Das heisst, es kann den tagsüber produzierten Strom speichern und abends wieder an den Haushalt abgeben.

Solarstrom: Jährlicher Energieertrag in GWh nimmt zu

Photovoltaik in der Schweiz

Quelle: Bundesamt für Energie (BFE)

Hauseigenes Warmwasser – Solarthermie

Durch die Popularität der Photovoltaik ist eine ältere, bewährte Art der Gewinnung von Sonnenenergie auf dem eigenen Grundstück in den Hintergrund geraten: die Solarthermie. Erste solche Anlagen wurden hierzulande bereits in den 1970er-Jahren realisiert. Um die Sonnenenergie fürs Warmwasser oder die Heizung zu nutzen, braucht es nur Kollektoren, eine Pumpe und einen Speicher – demensprechend überschaubar sind die Kosten.

Und wie funktioniert’s? Durch die schwarzen Flächen des Kollektors erhitzt sich das darin zirkulierende Wasser-Glykol-Gemisch. Im Keller gibt dieses seine Wärme über einen Tauscher ans Wasser im Speichertank ab. Dieses kann dann direkt im Haushalt oder zur Unterstützung der Heizung verwendet werden.

Energiewende: Jährlicher Energieertrag von Solarwärme nimmt zu

Solarwärme in der Schweiz

Quelle: Bundesamt für Energie (BFE)

Hauseigene Heizenergie – Erdsonde mit Wärmepumpe

Tief unter jedem Grundstück findet sich eine beinahe unerschöpfliche Energiequelle. Die Wärmeabstrahlung des Erdkerns sorgt dafür, dass in 200 Metern Tiefe das ganze Jahr über konstant 15 Grad herrschen. Dieses Energiereservoir kann man als Grundstücksbesitzer mithilfe einer Erdsonde und einer Wärmepumpe anzapfen.

Dazu zirkuliert in der Erdsonde ein Glykol-Wasser-Gemisch. Damit wird die Wärme aus dem Erdinnern nach oben zur Wärmepumpe transportiert. Die Pumpe entzieht dem Sondenkreislauf dann die Wärme durch Komprimieren und Verdampfen des im Gerät enthaltenen Kältemittels und erzeugt so bis zu 55 Grad warmes Wasser für die Heizung. Auch in heissen Sommern hat eine Erdsonde ihre Vorteile: Die im Gebäude entstehende Wärme kann dann über die Sonde in den Untergrund befördert werden.

Die Kombination ist bewährt: Allein 2021 wurden in der Schweiz 3,5 Millionen Laufmeter Erdsonden für den Betrieb von Wärmepumpen verlegt. Die Effizienz der Kombilösung ist so hoch, dass mit einer Kilowattstunde Strom rund vier Kilowattstunden Wärme erzeugt werden – 75 Prozent der Heizenergie stammen also sozusagen aus eigener Produktion. Kommt der Strom für den Betrieb der Wärmepumpe zum Teil von der hauseigenen Photovoltaikanlage, erhöht sich der Selbstversorgungsgrad nochmals.

Energetische Sanierung: Verkäufe von Wärmepumpen mit Erdsonde nehmen zu

Wärmepumpen mit Erdsonden in der Schweiz

Quelle: Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz FWS

Drei Technologien – zahlreiche Vorteile

Die drei Technologien Photovoltaik, Solarthermie und Erdsonde mit Wärmepumpe demonstrieren, wie sich die auf dem eigenen Grundstück vorhandene Energie mit vertretbarem Aufwand und bewährter Technik relativ einfach anzapfen lässt. Zudem leistet man einen wichtigen Beitrag zum Umstieg auf erneuerbare Energien.

Die folgenden Tabellen vergleichen diese Technologien und geben Einblick für interessierte Immobilienbesitzerinnen und -besitzer.

Photovoltaikanlage: Umwandlung von Sonnenlicht in Strom

So funktioniert eine Photovoltaikanlage

Schematische Darstellung
Quelle: Credit Suisse

Photovoltaik

Produziert
  •   Strom

Kosten

  • Investitionskosten ca. CHF 13’500 nach Abzug von Einmalvergütung und Steuerersparnis1 abhängig von Installationsart

Amortisationsdauer

  • ca. 15 Jahre1
  • Ersichtlich auf Seite des Bundes sonnendach.ch

Bauliche Voraussetzungen

  • Eignung des Dachs für Photovoltaikanlage, Check auf sonnendach.ch
  • Allenfalls Mauerdurchbrüche, Absturz­siche­rung, Elektrikerarbeiten im Vorfeld abklären

Förderung

  • Einmalvergütung
  • Steuerabzüge
  • Kantonale Fördergelder ersichtlich auf energiefranken.ch

Vorteile

  • Ökologisch
  • (Teilweise) Unabhängigkeit vom Strommarkt
  • Kann den Wert der Liegenschaft steigern
  • Batterie von Elektroauto kann zur Speicherung verwendet werden
  • Graue Energie der Photovoltaikanlage bereits nach ein bis zwei Jahren amortisiert

Nachteile

  • Installationsunternehmen sind mit hoher Anfrage konfrontiert, was zu langer Wartezeit führt
  • Standortabhängige Leistung
  • Energie wird nur tagsüber produziert, Batterien für Speicher sind wenig ökologisch

Qualitätslabel

  • «Die Solarprofis» vom Branchenverband Swissolar

1) Reiheneinfamilienhaus in Winterthur mit rund 37 m2 Panelfläche (7 kWp Leistung)

Solarthermie: Sonnenlicht wird in Wärme umgewandelt

So funktioniert eine Solarthermie-Anlage

Schematische Darstellung
Quelle: Credit Suisse

Solarthermie

Produziert
  • Warmwasser

Kosten

  • Ca. CHF 12’000 für Standardanlage1 oder ca. CHF 25’000, wenn Heizung mit Solarwärme unterstützt werden soll

Amortisationsdauer

Bauliche Voraussetzungen

  • Wie bei Photovoltaik
  • Platz für Speichertank im Keller
  • Mindestens 5 m2 Kollektorfläche für Standardanlage
  • Mindestens 10 m2 Kollektorfläche und Platz für grösseren Speicher benötigt, wenn Heizung durch Solarwärme unterstützt werden soll

Förderung

  • Steuerabzüge
  • Kantonale Fördergelder – zum Beispiel wird im Kanton Zürich eine Anlage nur fürs Warmwasser mit rund CHF 3’000 unterstützt, im Kanton Baselland mit CHF 4’300
  • Details auf energiefranken.ch

Vorteile

  • Überschaubare Kosten
  • Klimaneutrale Alternative zu Gas- bzw. Ölheizung
  • Warmwasserproduktion auch im Winter gut möglich
  • Anschluss Waschmaschine und Geschirrspüler an Warmwasser möglich
  • Erzeugt bis zu 80 Prozent des Warmwassers1
  • Kombination mit Holzpelletheizung möglich

Nachteile

  • Standortabhängige Leistung

Qualitätslabel

  • Swissolar und Solar Keymark

1) Standardanlage mit 5 m2 Kollektorfläche, ausreichend für vier Personen und 500-Liter-Speicher

Geothermie: Wärme aus dem Erdinnern wird nach oben transportiert

So funktioniert eine Erdsonde mit Wärmepumpe

Schematische Darstellung
Quelle: Credit Suisse

Erdsonde

Produziert

  • Heizenergie

Kosten

  • Rund CHF 60’000 für Bohrung und Wärmepumpe bei Einfamilienhaus (ohne Fördergelder)

Amortisationsdauer

  • In der Regel nach ca. 10 Jahren

Bauliche Voraussetzung

  • Wärmepumpe nötig
  • Bohrung muss am Standort erlaubt sein (Verbot in Trinkwasserschutzgebiet)
  • Faustregel: Pro m2 beheizte Wohnfläche braucht es einen Meter Sonde bzw. Bohrtiefe
  • Offizielle Auskunft auf kann-ich-bohren.ch

Förderung

  • Kantonale Fördergelder bis zu CHF 30’000
  • Details ersichtlich auf energiefranken.ch

Vorteile

  • Kann im Winter heizen und im Sommer kühlen
  • Bis zu 75 Prozent der Heizenergie aus eigener Produktion
  • Kombination mit Photovoltaikanlage möglich für höheren Selbstversorgungsgrad
  • Über gesamte Lebensdauer hinweg ca. 20 Prozent günstiger als ein Gasbrenner

Nachteile

  • Bohrung zum Beispiel bei Trinkwasserschutzgebieten nicht erlaubt
  • Hohe Anfangsinvestition

Qualitätslabel

  • Siegel Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS)

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