Durch eine starke Family Governance das Familienvermögen schützen

Die Nachfolgeplanung kann Konfliktpotenzial in Familienunternehmen bergen. Was, wenn beispielsweise die nächste Generation das Unternehmen gar nicht übernehmen will? Dies kommt recht häufig vor. Laut der Global University Entrepreneurial Spirit Students’ Survey können sich nur 20 Prozent der Kinder von Unternehmerinnen und Unternehmern vorstellen, in die Fussstapfen ihrer Eltern zu treten.

Aber auch die Frage, welchen Familienmitgliedern die Führung des Unternehmens und die Anteile daran übertragen werden sollen, kann zu Meinungsverschiedenheiten oder gar Streitigkeiten führen. Vor allem, wenn die Aufteilung als nicht gerecht wahrgenommen wird. Umso wichtiger ist es, einen klaren Rahmen für die Lösung von Konflikten innerhalb der Familie zu haben – eine effektive Family Governance.

Entwicklung einer starken Family Governance

«Family Governance ist ein Prozess, über den Unternehmerfamilien lernen, besser miteinander zu kommunizieren», sagt Dr. Sonja Kissling, Rechtsanwältin und unabhängige Beraterin für Familienunternehmen. «Das Konzept bietet auch einen Rahmen, um die Familie bei der Umsetzung ihrer Vision zu begleiten», ergänzt Grégoire Imfeld, Gründer von ONE Family Governance. Der Prozess hilft Familien, strukturierte Gespräche über schwierige Themen zu führen. Dabei sollte jede Familie drei entscheidende Fragen klären:

• Wie stellen wir uns die Zukunft des Unternehmens vor und welche Ziele wollen wir mit dem Unternehmen erreichen?
• Wie soll die Eigentümerstruktur des Familienunternehmens in Zukunft aussehen?
• Wie organisieren wir uns selbst und den Entscheidungsfindungsprozess innerhalb der Familie?

«Eine Einigung in diesen Fragen kann für alle Familien positive Auswirkungen haben», hält Dr. Sonja Kissling fest. Besonders wichtig ist ihrer Ansicht nach jedoch, in Familienunternehmen in späteren Generationen mit vielen Familienmitgliedern die zahlreichen unterschiedlichen Interessen in Einklang zu bringen. Eigentümerfamilien haben in dieser Hinsicht eine besondere Verantwortung, da sie nicht nur das Geschäft führen, sondern sich auch um die Organisation der Familie kümmern müssen. Die Antworten, die sich aus diesem Prozess ergeben, werden oftmals in einer Familienverfassung niedergeschrieben.

Unabhängige Expertinnen und Experten in den Prozess einbinden

Bei der Einrichtung einer Family-Governance-Struktur kann es hilfreich sein, wenn die Familie von unabhängigen Expertinnen und Experten unterstützt wird, die den Prozess moderieren. «Sie strukturieren die Kommunikation und sorgen dafür, dass eine lösungsorientierte Diskussion stattfindet», erklärt Dr. Sonja Kissling.

Auf diese Weise wird sichergestellt, dass alle Parteien in den Prozess einbezogen und alle wichtigen Fragen besprochen werden. Darüber hinaus haben Familienmitglieder eine neutrale Ansprechperson, der sie Bedenken mitteilen können. Und schliesslich unterstützen die unabhängigen Expertinnen und Experten die Familie dabei, eine Lösung zu finden, die zu ihrer Situation passt und die von allen Familienmitgliedern getragen wird.

Angemessene Verwaltung des Familienvermögens

Ein effektives Instrument zur Verwaltung des Familienvermögens auf Grundlage der Strukturen, die im Rahmen der Family Governance vereinbart wurden, ist ein Single Family Office (SFO). «Das Ziel eines Single Family Office ist es, den Bedürfnissen einer Familie gerecht zu werden. Der Umfang der Bedürfnisse muss von der Familie klar festgelegt werden, um die Effektivität des Single Family Office zu gewährleisten. Er kann eine Reihe von Leistungen umfassen, von Buchhaltung über persönliche Assistenz bis hin zu Investitionen», erläutert Grégoire Imfeld.

Für den erfolgreichen Aufbau eines Single Family Office ist es nach seiner Auffassung wichtig, die Bedürfnisse und Ziele im Vorfeld genau zu ermitteln. Er fügt an: «Meiner Erfahrung nach ist ein solider und pragmatischer Ansatz, der mit Anleitung und Unterstützung durch erfahrene Beraterinnen und Berater von der Familie für die Familie entwickelt wurde, der effizienteste Weg, um die Ziele der Familie zu erreichen.» Entscheidungen über die Eigentümerschaft und die Verantwortlichkeiten der Familie werden von der Familie, den Aktionärinnen und Aktionären oder einem dedizierten Ausschuss getroffen und dann durch das Single Family Office ausgeführt.