Anlegen im Dezember 2022: Unsere Einschätzungen in Kürze.
Die Sicht der Credit Suisse auf die kurz- bis mittelfristige Entwicklung der Wirtschaft und Finanzmärkte und die Implikationen für Anleger. Die Stimmung Letzterer hellt sich dank der sich beruhigenden Situation an den Gas- und Strommärkten vorübergehend etwas auf. Ob der Einsturz damit überwunden ist, bleibt aber ungewiss. Fakt ist: Das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich global weiter, auch in der Schweiz. Dennoch droht hierzulande laut Experten bisher keine Rezession.
Der Bärenmarkt ist noch nicht überstanden
Die Inflation in den USA hat – wie auch in der Schweiz – ihren Höhepunkt überschritten. In der Hoffnung, dass ein Ende der geldpolitischen Straffung nun absehbar ist, erfuhren die Märkte jüngst Aufwind. Die erhöhte Inflation dürfte aber weiterhin anhalten und demnach folgen auch weitere Zinserhöhungen. Damit halten die wirtschaftlichen Risiken an, was die Gewinnmargen belasten dürfte. Der Ausblick für globale Aktien bleibt ebenfalls negativ. Fixed-Income-Anlagen werden dagegen zunehmend attraktiver. Vor allem für langfristig orientierte Anleger und zur Portfoliodiversifizierung können Staats- und High-Grade-Unternehmensanleihen wertvoll sein.
Konjunktur: Schweizer Unternehmen sind auf Energieengpässe vorbereitet
Das Wachstum des globalen Bruttoinlandprodukts wird sich 2023 voraussichtlich auf 1.6 Prozent abschwächen, nachdem es sich 2022 auf 2.7 Prozent belaufen sollte. Grossbritannien befindet sich bereits seit Mitte Jahr in einer Rezession, und die Eurozone gleitet derzeit in eine ab. Angesichts der massiven Zinserhöhungen der US-Notenbank (Fed) ist zudem davon auszugehen, dass sich die Wirtschaftsdynamik auch in den USA verlangsamen wird. Derweil wächst die chinesische Wirtschaft wegen der bremsenden Coronamassnahmen und der Probleme am Immobilienmarkt nur noch um ungewohnt tiefe 3.3 Prozent.
Eine akute Energiemangellage mit Unterbrechungen dürfte diesen Winter recht unwahrscheinlich sein. Die Gasvorräte in Europa reichen wohl aus. Für den Fall der Fälle wären Schweizer Unternehmen derweil vorbereitet, wie die Credit Suisse Umfrage im Rahmen des PMI-Panels zeigt. Demnach haben mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen bereits Massnahmen ergriffen, um Energieengpässen bei Strom und Gas vorzubeugen und somit deren Auswirkungen abzumildern. Knapp 25 Prozent verfügen zudem über einen «vorbehaltenen Entschluss».
Zinsen und Obligationen: Leitzinssenkungen sind 2023 unwahrscheinlich
Diverse Zentralbanken erhöhten die Zinsen jüngst weniger stark, als dass es Ökonomen erwartet hatten. Der Credit Suisse Index, der die Überraschungen misst, ist in den negativen Bereich gerutscht. Schwergewichte wie die Fed oder die Europäische Zentralbank (EZB) haben indes unbeirrt an ihrem angedeuteten Kurs festgehalten. In den kommenden Monaten ist zwar mit einer Drosselung des Tempos der Leitzins-erhöhungen zu rechnen. Doch bleibt die globale Geldpolitik wohl noch während einiger Zeit bremsend. Zinssenkungen sind 2023 unwahrscheinlich.
Währungen: Der Schweizer Franken als «sicherer Hafen»
Der Schweizer Franken hat gegenüber dem Euro im Jahresverlauf aufgewertet, schwächelte jedoch zuletzt etwas. Man kann davon ausgehen, dass sich das Verhältnis der beiden Währungen in Richtung 0.95 bewegen wird. Erstens dürfte sich die Eurozone wegen der Energiekrise bereits in einer Rezession befinden. Zweitens muss die EZB wegen der hohen Inflation die Konjunktur mittels Zinserhöhungen bremsen. Drittens erfreut sich der Schweizer Franken als «sicherer Hafen» einer regen Nachfrage, und die hierzulande tiefere Inflation stützt die Kaufkraft besser.
Aktien: Die Berichtssaison zum dritten Quartal war besser als erwartet
Die Unternehmensergebnissen zum Ende des dritten Quartals fallen generell besser aus als befürchtet. Den Schätzungen zufolge verzeichnet der MSCI World Index für das abgelaufene Quartal ein Umsatz- und Gewinnwachstum pro Aktie von 14.5 Prozent beziehungsweise 9.4 Prozent. Im Fokus standen global die Ergebnisse im Technologiesektor, da sinkende Umsätze und Kostensenkungen darauf hingedeutet hatten, dass hier selbst die grössten Unternehmen nicht gegen die bremsenden Effekte der Zinserhöhungen immun sind.
Rohstoffe: Ein unruhiger Winter steht bevor
Die Situation an den Gas- und Strommärkten hat sich vorübergehend beruhigt, da ausreichende Lagerbestände gebildet werden konnten. Das Risiko erneuter Ausschläge bleibt aber bestehen – insbesondere für den Fall, dass die Wintertemperaturen unterdurchschnittlich ausfallen sollten. Der Ölmarkt steuert ebenfalls auf eine unruhige Phase zu, da Europa Anfang Dezember ein Embargo auf russisches Öl einführt. Gold hat sich jüngst dank eines Rückgangs des US-Dollars erholt. Dennoch stehen die Zeichen auf Skepsis. Industriemetalle halten sich trotz schwacher Industrieproduktion gut.
Immobilien: Die Knappheit stützt die Preise von Wohneigentum
Im dritten Quartal sind die Preise von Eigentumswohnungen 6.6 Prozent höher als im Vorjahr. Die Preise von Einfamilienhäusern sind in derselben Periode um 7.2 Prozent angestiegen. Damit zeigt sich trotz starken Zinsanstiegen erst eine leichte Abschwächung. In den kommenden Quartalen dürfte das Preiswachstum indes weiter nachlassen. Weil eine grosse Knappheit die Preise stützt, sind jedoch vorerst keine Preisrückgänge zu erwarten. Mittelfristig sind bei weiter steigenden Zinsen oder einer andauernden Rezession solche jedoch nicht auszuschliessen.