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Währungsregime im Wandel mündet in Auswirkungen für den US-Dollar

Der jüngste Bericht des Credit Suisse Research Institute (CSRI) untersucht das vom US-Dollar dominierte Währungssystem und Alternativen


Die letzten drei Jahre sind durch abrupte Veränderungen in der Weltwirtschaft, wirtschaftspolitische Reaktionen und geopolitische Auseinandersetzungen geprägt. Erwartungsgemäss löste dies heftige Reaktionen auf den Finanzmärkten aus – einschliesslich der Anleihen- und Devisenmärkte. Wie bereits in früheren Phasen wirtschaftlicher und geopolitischer Turbulenzen werfen die Einschnitte zudem die Frage auf, ob das internationale Währungssystem einen längerfristigen und grundlegenden Wandel durchlaufen wird. Obwohl dies mitunter Einfluss auf die Vorherrschaft des US-Dollars als weltweite Handels- und Reservewährung hat, scheint eine Abkehr von der Leitwährung nicht unmittelbar bevorzustehen.

Die Veröffentlichung des CSRI beleuchtet, wie makroökonomische Ungleichgewichte und geopolitische Entwicklungen Veränderungen im derzeit vom US-Dollar dominierten Währungssystem beschleunigen können, wie sich die Zentralbankreserven bisher entwickelt haben und künftig neu ausgerichtet werden könnten, und wie sich allmählich ein stärker multipolar geprägtes Währungssystem herausbilden könnte.

Zentrale Erkenntnisse

  • Hochrangige politische Entscheidungsträger sowohl in Industrie- als auch Schwellenländern üben vermehrt Kritik am internationalen Währungssystem, da wesentliche geldpolitische Entscheidungen in den USA Schwierigkeiten in anderen Ländern verursachen.
  • Ein Blick auf die Vergangenheit zeigt, dass nicht nur Phasen mit einem schwachen US-Dollar und einer lockeren US-Geldpolitik Probleme in der übrigen Welt auslösen können, sondern dass eine straffe Geldmarktpolitik der Fed und ein starker Dollar andere Länder mitunter sogar noch mehr in Bedrängnis bringen.
  • Heute liegt der Anteil des US-Dollars an den weltweiten Devisenreserven der Zentralbanken bei etwas mehr als 60 %, während es Anfang der 1970er-Jahre noch über 80 % waren.
  • Auf absehbare Zeit gibt es keine überzeugenden Kandidaten, um den US-Dollar als Leitwährung abzulösen. Weder der Euro noch der Renminbi sind als alternative singuläre Leitwährung geeignet. Auch die Einführung einer Globalwährung ist weiterhin unrealistisch, da sie eine besonders intensive geopolitische Kooperation erfordern würde.
  • Selbst ohne geopolitische und wirtschaftliche Katastrophen ist es wahrscheinlich, dass der US-Dollar als globale Devisenreserve weiter an Bedeutung verlieren wird. Dafür sprechen drei Faktoren: der sinkende Bedarf an Devisenreserven in einer Welt der variablen Wechselkurse, die aktive Diversifizierungspolitik der Zentralbanken und die zunehmende Nutzung von Swap-Linien zwischen Zentralbanken.
  • Während der Euro mit rund 20 % der globalen Devisenreserven an zweiter Stelle hinter dem US-Dollar steht und auch grenzüberschreitend frei handelbar ist – eine grundlegende Voraussetzung für eine Leitwährung –, streben die politischen Entscheidungsträger der Eurozone nicht an, dass ihre Währung diese Rolle übernimmt. Das Fehlen einer Fiskalunion, eines gemeinsamen «sicheren» Vermögenswertes sowie einer Bankenunion erschwert den weiteren Aufstieg des Euros im globalen Währungssystem.
  • China gilt als fiskalische Einheit und die wenigen grossen Banken des Landes können als wichtige Geschäftsbanken, sogenannte Money-Center-Banken, betrachtet werden. Allerdings fehlt dem Renminbi ein wesentliches Merkmal einer Leitwährung: die internationale Kapitalmobilität. Eine vollständige Liberalisierung und Öffnung der chinesischen Finanzmärkte für grenzüberschreitende Transaktionen scheinen unwahrscheinlich. Dies ist der Hauptgrund, warum der Anteil des Renminbis an den globalen Devisenreserven weiterhin so gering ist.
  • Es ist wahrscheinlich, dass sich stattdessen allmählich ein neues, eher multipolares Währungssystem entwickelt. Dafür sprechen die Zunahme des bilateralen Handels vieler Länder, die Vertiefung der lokalen Kapitalmärkte in den Schwellenländern und die Entwicklung gemeinsamer Absicherungssysteme gegen Schocks, welche durch Änderungen in der US-Geldpolitik ausgelöst werden.

Trotz widerstandsfähigem, US-Dollar-zentriertem Währungsregime – Systemwandel rückt näher
Seit der offiziellen Einführung im Rahmen der Konferenz von Bretton Woods im Jahr 1944 hat das vom US-Dollar dominierte Währungssystem grundlegende Veränderungen durchlaufen, in der Regel als Reaktion auf Systemkrisen. Allerdings verschärfen geldpolitische Kurswechsel in den USA noch immer den Verlauf von Konjunkturzyklen in anderen Ländern und lösen sogar Krisen aus. Während die US-Notenbank in Zusammenarbeit mit anderen Zentralbanken Instrumente entwickelt hat, um die Auswirkungen zu begrenzen, bestehen weiterhin Forderungen nach einem Systemwandel.

Makroökonomische Ungleichgewichte und geopolitische Konflikte belasten Nimbus des US-Dollars
Wie andere Länder kämpfen die Vereinigten Staaten derzeit gegen einen Inflationsschub, während sich die Wirtschaft abschwächt. Die fiskalischen und aussenwirtschaftlichen Ungleichgewichte haben sich erheblich verschärft. Die Situation erinnert an die 1970er-Jahre, als das Vertrauen in den US-Dollar erheblich erschüttert war. Darüber hinaus sind die geopolitischen Spannungen so intensiv wie seit dem Zweiten Weltkrieg nie mehr. Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, ob der US-Dollar seinen Leitwährungsstatus verlieren könnte.

Umdenken bezüglich Devisenreserven scheint unausweichlich
Der Anteil des US-Dollars an den weltweiten Devisenreserven ist nach wie vor ein Indikator für die «Vormachtstellung» der Währung. Allerdings wird die Notwendigkeit von Devisenreserven durch variable Wechselkurse, eine bessere makroökonomische Politik in vielen Schwellenländern und die Verfügbarkeit von Swap-Linien zwischen Zentralbanken verringert. Hohe Devisenreserven waren häufig darauf zurückzuführen, dass die Zentralbanken damit versuchten, der Aufwertung ihrer Währungen gegenüber dem US-Dollar entgegenzuwirken. Inzwischen gibt es jedoch einige Anzeichen dafür, dass sich die grossen Zentralbanken aus Diversifizierungsgründen vom US-Dollar und von US-Treasuries abwenden. So investieren einige der Banken mit den grössten Reservebeständen stattdessen in Realwerte.

Wie sich das Währungssystem weiterentwickeln könnte
Derzeit gibt es keine offensichtlichen Kandidaten, welche den US-Dollar in absehbarer Zeit als Leitwährung ablösen könnten. Und die Einführung einer Globalwährung ist angesichts der aktuellen geopolitischen Verwerfungen unwahrscheinlich. Der zunehmende Handel zwischen wichtigen Schwellenländern und die Vertiefung ihrer Kapitalmärkte stärken den Stellenwert von Schwellenländer-Währungen. Darüber hinaus deuten gemeinsame Absicherungsmassnahmen zum Schutz vor US-Dollar-Schwankungen und Schritte hin zur Entwicklung eines alternativen Zahlungssystems auf eine stärker multipolar geprägte Währungsordnung hin.

Axel Lehmann, Präsident des Verwaltungsrats der Credit Suisse Group AG und Vorsitzender des Credit Suisse Research Institute, kommentiert: «Das Verständnis geldpolitischer Entwicklungen und der Funktionsweise des internationalen Währungssystems ist für eine globale Bank wie die Credit Suisse und den breiteren Finanzsektor, der zum geldpolitischen Transmissionsprozess beiträgt, von entscheidender Bedeutung. Wir sind überzeugt, dass der Bericht und die Erkenntnisse unserer Autorinnen und Autoren sowie der Gastrednerinnen und -redner im Rahmen der CSRI Fall Conference 2022 einen wertvollen Beitrag zum aktuellen makroökonomischen Diskurs leisten.»

Nannette Hechler-Fayd’herbe, Chief Investment Officer der Region EMEA und globale Leiterin Economics & Research der Credit Suisse, führt aus: «Zwar ist es verfrüht, vom Niedergang des US-Dollars als Leitwährung zu sprechen, doch sein Schicksal als tragende Säule des internationalen Währungssystems hängt von verschiedenen Faktoren ab – entscheidend ist vor allem, inwiefern die politischen Entscheidungsträger in den USA in der Lage sein werden, makroökonomische Stabilität und das Vertrauen gegenüber anderen bedeutsamen Ländern zu bewahren.»

Den Bericht über die Zukunft des Währungssystems finden Sie hier.