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Geopolitische Spannungen machen Schweizer Unternehmen zu schaffen – doch ein Grossteil erschliesst trotz Krisen neue Geschäftsfelder

Die Credit Suisse veröffentlicht die KMU-Studie 2023: «Geopolitische Spannungen als Herausforderung für Schweizer Unternehmen»


Die Ökonomen der Credit Suisse haben heute eine Studie zum Thema «Geopolitische Spannungen als Herausforderung für Schweizer Unternehmen» veröffentlicht. Aus einer Umfrage bei 650 Unternehmen geht hervor, dass eine deutliche Mehrheit die Auswirkungen des geopolitischen Kräftezerrens spürt: nicht-tarifäre Hürden, eine Zunahme der Regulierungsdichte und der Geschäftsrisiken sowie Einschränkungen bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Den Herausforderungen trotzen die Firmen unter anderem mit Anpassungen an den Wertschöpfungsketten, Massnahmen gegen erhöhte Inputpreise und Strategien zur Minimierung von Reputationsrisiken.

Als der Ukrainekrieg im Frühjahr 2022 begann, befand sich die Welt schon in einer angespannten Situation. Die auf offenen Märkten und Vertiefung der Handelsbeziehungen beruhende Weltordnung hatte bereits durch die globale Finanzkrise und die Pandemie Risse bekommen. Angesichts der hohen Bedeutung der internationalen Geschäftsbeziehungen für die Schweizer Volkswirtschaft gingen die Ökonomen der Credit Suisse in der heute erschienenen Studie der Frage auf den Grund, wie Unternehmen diese turbulenten Zeiten erleben. Die Grundlage für die Analyse bildet eine Befragung bei 650 Schweizer Unternehmen. Um auf grössenspezifische Unterschiede eingehen zu können, wurden in der diesjährigen KMU-Studie nebst KMU auch 50 Grossunternehmen befragt.

Geschäftsbeziehungen unter Druck
Wie aus der Umfrage hervorgeht, machen sich die geopolitischen Spannungen im Unternehmensalltag bemerkbar: Schweizer Unternehmen registrierten in den letzten drei Jahren eine Zunahme der Geschäftsrisiken. Diese fiel in Russland und der Ukraine besonders stark aus, aber auch in Argentinien, Iran und Neuseeland überwiegen die Geschäftsrisiken die -chancen. Wenig erstaunlich wird die Liste der Länder, aus denen sich Schweizer Unternehmen in den letzten drei Jahren zurückgezogen haben, von Russland angeführt: Zirka 6 % aller befragten Unternehmen haben dieses Land verlassen – bei den Grossunternehmen liegt der Anteil sogar bei 24 %. Gerade unter den Grossunternehmen lassen sich jedoch bereits ein paar Firmen finden, die eine (Wieder-)Aufnahme der Geschäftstätigkeit in Russland planen.

Doch die Auswirkungen der geopolitischen Spannungen beschränken sich keineswegs nur auf Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen zu Hochrisikoländern: Rund 40 % der befragten Unternehmen verspürten negative Reaktionen seitens der Geschäftspartner aufgrund des Entscheids der Schweiz, die internationalen Sanktionen gegen Russland im Frühjahr 2022 mitzutragen (vgl. Abb.). Die Umfrage zeigt eindrücklich, wie wichtig die Neutralität der Schweiz für hiesige Unternehmen ist: Mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen gaben an, dass die Aufrechterhaltung der Neutralität in ihrem Interesse ist (vgl. Abb.)

Verschiedene Hürden machen Firmen zu schaffen
Neben Sanktionen bremsen auch Zölle und andere nicht-tarifäre Hürden wie beispielsweise Vorschriften im öffentlichen Beschaffungswesen oder Zulassungsverfahren die Unternehmen aus. Zudem zeugen die Umfrageergebnisse von einer Zunahme der Regulierungsdichte. Diese Zunahme betrifft insbesondere Datenschutz- und Umweltregulierungen, bei welchen 54 % bzw. 51 % der befragten Unternehmen in den letzten drei Jahren eine Zunahme der für sie relevanten Regulierungen im In- und Ausland registrierten. Gerade die Rechtsentwicklung in Umweltbelangen befindet sich derzeit im Umbruch und die Europäische Union (EU) nimmt dabei eine führende Rolle ein: Unternehmen mit einem EU-Fokus berichteten in der Umfrage über eine stärkere Zunahme der Regulierungsdichte als Unternehmen ohne hauptsächlichen EU-Fokus. Unter den wettbewerbsverzerrenden Massnahmen leidet nicht zuletzt auch die internationale Zusammenarbeit. Rund 47 % der Unternehmen stellen fest, dass die Kooperation mit ausländischen Geschäftspartnern in den letzten drei Jahren schwieriger geworden ist (vgl. Abb.).

Stabilität der Wertschöpfungsketten im Fokus
Schweizer Firmen gewichten die Stabilität der Wertschöpfungsketten wieder höher und nehmen entsprechende Anpassungen vor. Neben einer Erhöhung der Vorräte (51 % der Befragten) versuchen sie ihre Resilienz auch durch eine stärkere Fokussierung auf geografisch näher gelegene Anbieter von Vorleistungen (48 %) und eine Diversifikation der Zulieferer (43 %) zu erhöhen. Fast jedes dritte Unternehmen hat in den letzten drei Jahren zudem Aktivitäten in die Schweiz zurückverlagert. Insgesamt deuten die Umfrageresultate auf einen Trend zur Regionalisierung hin.

Die Krisen der vergangenen Jahre, die damit verbundenen Anpassungen entlang der Wertschöpfungsketten sowie wettbewerbsverzerrende Massnahmen belasten nicht nur den Welthandel, sondern führen auch zu steigenden Preisen. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass jeweils mehr als 80 % der befragten Unternehmen in den letzten drei Jahren eine Zunahme bei den Transport- und Energiekosten sowie Rohstoffpreisen registrierten. Der breit abgestützte Preisanstieg ist für die betroffenen Unternehmen über kurz oder lang nicht nachhaltig. Wenig überraschend tun fast 90 % der Unternehmen etwas dagegen. Mehr als die Hälfte der befragten Firmen hat mit einer Überwälzung der Kosten auf die Kunden reagiert. Auch die Suche nach kostengünstigeren Substituten (35 %) und Produktivitätssteigerungen (26 %) wurden oft als Antwort genannt. Steigende Inputpreise durch weniger Leistungen auszugleichen, die sogenannte «Shrinkflation», wurde hingegen nur von rund 7 % der befragten Unternehmen ins Auge gefasst.

Den guten Ruf wahren
In einem geopolitisch rauen Umfeld erhöhen sich auch die Reputationsrisiken. Gemäss Umfrage erachtet fast jedes fünfte Unternehmen die Wahrscheinlichkeit öffentlicher Kritik aufgrund des eigenen Fehlverhaltens oder von Fehlverhalten eines Geschäftspartners als eher hoch oder sehr hoch. Für die Unternehmen bedeutet dieses Umfeld, dass sie mehr Zeit und Geld für die Überwachung und Vermeidung möglicher Reputationsrisiken aufwenden müssen. Denn wer gegen die Sorgfaltspflicht verstösst, muss mit Kritik oder sogar einem Boykott der eigenen Produkte und Dienstleistungen rechnen. Wie aus der Umfrage hervorgeht, erachten 19 % der Unternehmen ein solches Szenario als wahrscheinlich. Reputationsschäden drohen aber auch, wenn sensitive Informationen – beispielsweise durch eine Cyberattacke – an die Öffentlichkeit gelangen. Insgesamt fast jedes dritte Unternehmen sieht darin zumindest ein eher hohes Risiko. Vor diesem Hintergrund überrascht es wenig, dass rund 83 % der befragten Unternehmen Massnahmen gegen erhöhte Reputationsrisiken unternehmen. Die meistgenannten Ansätze sind Massnahmen zur Prävention von Cyberattacken (41 %) und die Anpassung von Produkten und Dienstleistungen, um den Forderungen von Interessengruppen zu entsprechen (38 %).

Turbulente Zeiten erfordern Flexibilität
Das rasche Aufeinanderfolgen von Krisen rückt die Frage ins Zentrum, wie es um die Anpassungs- und Reaktionsfähigkeit der Schweizer Unternehmen bei unvorhergesehenen Ereignissen steht. Wie aus der Umfrage hervorgeht, sehen sich diesbezüglich rund 40 % der Unternehmen in einer guten beziehungsweise sehr guten Position – und nur gerade 22 % sind gegenteiliger Meinung. Gefragt nach den Hürden bei einer allfälligen Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit gaben rund 70 % der Unternehmen finanzielle Ressourcen oder Mangel an Alternativen an und 61 % nannten die fehlende Unterstützung des Staats. Gleichzeitig ist jedoch fast die Hälfte der befragten Unternehmen überzeugt, dass sie sich im Falle einer Krise auf staatliche Unterstützung verlassen können (vgl. Abb.).

Krisen können bei genügend Flexibilität auch immer eine Chance darstellen. Fast 60 % der Unternehmen gaben an, dass sich trotz der Krisen der letzten drei Jahre auch neue Geschäftsfelder ergeben haben (vgl. Abb.). Auch der aktuellen Energiekrise können die Schweizer Unternehmen etwas Gutes abgewinnen: Mehr als die Hälfte ist der Auffassung, dass die aktuelle Energiekrise für sie eine Chance darstellt, um nachhaltiger zu werden (vgl. Abb.).

Die Credit Suisse KMU-Studie 2023 «Geopolitische Spannungen als Herausforderung für Schweizer Unternehmen» finden Sie hier und weiterführende Informationen unter www.credit-suisse.com/kmustudie.