Rebalancing oder Buy-and-hold. Welche Anlagestrategie ist empfehlenswerter?

«Rebalancing» versus «Buy-and-hold”: Wie empfehlenswert ist das Festhalten an der Anlagestrategie?

Die COVID-19-Krise scheint zu bestätigen, dass insbesondere institutionelle Anleger mittel- bis langfristig an ihrer Anlagestrategie festhalten sollen. Eine Analyse der zwei letzten Jahrzehnte stellt jedoch die Überlegenheit des Rebalancing-Ansatzes gegenüber der Buy-and-hold-Strategie infrage.

Erfolgversprechende Rebalancing-Strategie während der COVID-19-Krise

Anleger, die in der bisherigen COVID-19-Krise mittels Rebalancing an ihrer Anlagestrategie festgehalten haben, können vermutlich einen Erfolg verbuchen: Eine konsequente Umsetzung nahe der Anlagestrategie löste Zukäufe von risikoreicheren Anlagen wie Aktien zulasten von Liquiditäts- oder Obligationenpositionen aus. Aufgrund der bisherigen raschen Aktienmarkterholung generierte eine enge Einhaltung der Anlagestrategie damit zusätzliche Rendite.

Simulation mit pensionskassenähnlichem Portfolio über die letzten 20 Jahre

Für die Umsetzung eines Rebalancing-Ansatzes gibt es diverse Möglichkeiten. Die im folgenden Beispiel gewählte monatliche Rebalancing-Variante (periodisches Rebalancing) beabsichtigt, nur kleine Abweichungen von der Anlagestrategie zuzulassen, um eine möglichst gegensätzliche Variante des Rebalancings zum Buy-and-hold-Ansatz aufzuzeigen. In der Praxis kommen jedoch auch diverse Rebalancing-Strategien zur Anwendung, die stärkere Drifts, also Abweichungen zur Anlagestrategie, zulassen (z.B. Rebalancing bei Bandbreitenverletzung) und damit von der Funktionsweise her tendenziell näher an den Buy-and-hold-Ansatz heranrücken. Dies hat zur Folge, dass weniger Rebalancings nötig werden, womit auch die Transaktionskosten für Portfolio- Umschichtungen sinken.

Abbildung 1 zeigt die Performance zweier Portfolios im Zeitraum 2000 bis 2020, die mit einer pensionskassenähnlichen Asset Allocation starten: 30%Schweizer Aktien, 30% CHF-Anleihen, 30% Schweizer Immobilien (kotiert) und 10% CHF-Liquidität. Das eine Portfolio verfolgt eine Buy-and-hold-Strategie, das heisst, die Entwicklungen der Anlageklassen beeinflussen die Asset Allocation. Das andere Portfolio wird auf jedes Monatsende rebalanct, und damit immer auf die ursprüngliche (neutrale) Asset Allocation zurückgestellt (Annahme: Transaktionskosten von 10 Basispunkten). Die rechte Achse derselben Abbildung zeigt zudem die Gewichtung der renditestärkeren Anlageklassen Aktien und Immobilien zusammen zum jeweiligen Zeitpunkt. Abbildung 2 illustriert die Entwicklung der Anlageklassen einzeln betrachtet und basierend auf der Startallokation.

Über den gezeigten Zeitraum erzielen beide Ansätze eine identische annualisierte Rendite von 4,0%. Die Volatilität des Rebalancing-Ansatzes ist mit 4,9% p.a. höher gegenüber 4,7% p.a. Der mögliche Maximalverlust ist mittels Rebalancing ebenfalls grösser und liegt bei -17,3% gegenüber -15,6%. Basierend auf den Risikokennzahlen hätte somit der Buy-and-hold-Ansatz eine tiefere Risikofähigkeit des Anlegers im Vergleich zum Rebalancing-Ansatz benötigt. Es mag zudem erstaunen, dass beide Ansätze eine sehr ähnliche Entwicklung aufweisen, obwohl die Aktien- und Immobilienallokation des Buy-and-hold-Ansatzes mehrmals deutlich von der neutralen Allokation abweicht.

Performance: Rebalancing- versus Buy-and-hold-Ansatz

Abb. 1: Performance: Rebalancing- versus Buy-and-hold-Ansatz sowie Aktien- und Immobilienallokation

Quellen: Credit Suisse AG, www.six-group.com.

Zeitraum: 31.12.1999 bis 31.03.2020. Verwendete Indizes: SPI (TR), FTSE Swiss GBI vom 31.12.1999 bis 31.12.2006 und Swiss Bond Index AAA-BBB (TR) vom
31.12.2006 bis 31.03.2020, SXI Real Estate Funds Broad (TR), CHF 3M-Libor.

Simulierte historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Ergebnisse. 

Performance einzelner Anlageklassen basierend auf ihrer Startallokation

Abb. 2: Performance der einzelnen Anlageklassen, basierend auf ihrer Startallokation (Buy-and-hold)

Quellen: Credit Suisse AG, www.six-group.com.

Zeitraum: 31.12.1999 bis 31.03.2020. Verwendete Indizes: SPI (TR), FTSE Swiss GBI vom 31.12.1999 bis 31.12.2006 und Swiss Bond Index AAA-BBB (TR) vom 31.12.2006 bis 31.03.2020, SXI Real Estate Funds Broad (TR), CHF 3M-Libor.

Simulierte historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Ergebnisse

Mögliche Schlussfolgerungen aus solchen Analysen sind insofern schwierig, als eine Vielzahl Parameter einen wesentlichen Einfluss auf die Resultate haben können. Bei gleicher Simulation, aber mit lediglich zwei Anlageklassen, 60% CHF-Anleihen und 40% Schweizer Aktien als Startallokation, ändern sich die Resultate bereits deutlich: Renditemässig schneidet nun die Rebalancing-Strategie besser ab (3,7% gegenüber 3,5% p.a.), ist allerdings auch volatiler (5,5% gegenüber 5,0% p.a.). Der erzielte Maximalverlust liegt beim Rebalancing-Ansatz ebenfalls höher mit -20,9% gegenüber -18,6%. Für den Buy-and-hold-Ansatz liegt der höchste Anteil Aktien zwischenzeitlich bei 47%, der tiefste bei 24%.

Viele Einflussfaktoren entscheiden über den erfolgreicheren Ansatz

Die Reduktion auf zwei Anlageklassen und die in der Folge veränderte Performance zeigen bereits die Sensitivität der Resultate. Es sind Faktoren, die sowohl bei der Wahl der Strategieumsetzungsvarianten (Buy-and-hold, Rebalancing oder weitere) als auch bei der Festlegung der Parameter innerhalb dieser Varianten (z.B. Rebalancing-Häufigkeit oder Grösse allfälliger Bandbreiten) relevant sind. Zu diesen Faktoren zählen unter anderem die Anzahl Anlageklassen in der Anlagestrategie, ihre Gewichtung, Volatilität, Korrelation mit den anderen Portfoliopositionen sowie die Kapitalmarktentwicklung.

Ein weiteres Kriterium, das insbesondere bei engen Rebalancing-Strategien zum Tragen kommen kann, sind die Transaktionskosten. Für obige Simulation zeigt sich jedoch, dass die Kosten einen sehr geringen Einfluss auf die Performance haben. Erst ab Transaktionskosten von sehr hohen 50 Basispunkten reduziert sich die annualisierte Rendite des Rebalancing-Ansatzes von 4,0% auf 3,9% p. a.. Dass die Kosten aber zumindest vorübergehend auf solche Niveaus und höher hochschnellen können, hat sich in der jetzigen COVID-19-Krise und im Speziellen bei illiquideren Anlageklassen ebenfalls gezeigt.

Buy-and-hold im Vorteil

Oftmals werden insbesondere für Krisensituationen Rebalancing- gegenüber Buy-and-hold-Strategien empfohlen. Dass diese Strategie aus reiner Rendite-Risiko-Sicht keineswegs besser abschneiden muss, zeigen die Perioden der Aktienmarkt-Rückschläge in Abbildung 1. Beispielsweise zeigt sich in der Finanzkrise, dass die Buy-and-hold-Strategie sogar zu Beginn, per Ende Mai 2007, mit einem höheren Aktien- und Immobilienanteil als die Rebalancing-Strategie in die Krise gestartet ist (64% gegenüber 60%). Bis zum Krisentiefpunkt im Februar 2009 hat Buy-and-hold dennoch eine bessere Rendite erzielt (-15,4% gegenüber -17,0%).

Ein wichtiger Grund dafür liegt in der sinkenden Aktienallokation des Buy-and-hold-Ansatzes im Verlauf dieser Krise. Bei Krisenende lag sie noch bei knapp 20% im Vergleich zu den fast 28% im Fall von Rebalancing (vor dem monatlichen Rebalancing zurück auf 30%). Die Renditedifferenz zwischen den beiden Ansätzen wird folglich noch grösser, wenn die Simulation zu Krisenbeginn, und damit mit der neutralen Asset Allocation, starten würde: In diesem Fall erzielt der Buy-and-hold-Ansatz bis zum Krisentiefpunkt eine Rendite von -13,8% gegenüber -17% beim Rebalancing. Durch den höheren Aktienanteil auf dem Krisentiefpunkt holt der Rebalancing-Ansatz die Verluste jedoch in der Folge schneller auf. Ein sehr ähnlicher Verlauf zeigt sich auch nach dem Platzen der Dotcom-Blase (2000 bis 2002).

Die dritte grössere Krise in diesem Jahrtausend ist noch in Gang: Per Ende Januar dieses Jahres lag die Aktien- und Immobilienallokation des Buy-and-hold-Ansatzes bei 71% (gegenüber 60%), was bis Ende März zu (leicht) stärkeren Renditeverlusten führte als die Rebalancing-Strategie (-7,6% gegenüber -7,0%). Das unvorteilhafte Übergewicht der Buy-and-hold-Strategie in den risikoreicheren Anlageklassen Aktien und Immobilien zu Beginn der COVID-19-Krise wirkt sich eher begrenzt aus, weil unter anderem auch die CHF-Obligationen über die beiden Monate Februar und März eine negative Rendite erzielten.

Wie empfehlenswert ist die Rebalancing-Strategie?

Hält man sich an die Rendite-/Risikokennzahlen, die die unterschiedlichen Ansätze in obigen Krisenperioden, aber auch über die gesamte Zeitdauer aufweisen, schneidet die Buy-and-hold-Strategie in dieser Analyse tendenziell besser ab. Ist somit das Festhalten an der Anlagestrategie gar nicht so empfehlenswert? Eine solche Schlussfolgerung beziehungsweise das Bevorzugen des Buy-and-hold-Ansatzes wäre zu voreilig. Wie entscheidend die genannten Einflussfaktoren sein können und wie sensitiv die Resultate sind, kann nochmals mit Blick auf die Finanzkrise illustriert werden: Zu Beginn per Ende Mai 2007 lag der Aktienanteil der Buy-and-hold-Strategie bei 32,6% (Rebalancing-Strategie 30%). Hätte die vorhergehende Marktentwicklung zu einer höheren Aktienallokation von 36,5% geführt, hätte die Buy-and-hold-Strategie einen identischen Verlust wie das Rebalancing erlitten. Eine Aktienallokation von beispielweise 40% bei Beginn der Finanzkrise hätte einen um 2-Prozentpunkte höheren Verlust des Buy-and-hold-Ansatzes verursacht.

Der Anlegernutzen als wichtiges Argument

Ein zweiter zentraler Aspekt bei der Beurteilung der beiden Strategien betrifft den Nutzen des gewählten Ansatzes für den Anleger, denn bis hierhin bezieht sich die Analyse ausschliesslich auf eine vermögensbasierte Betrachtung. Auf den Anlegernutzen legen insbesondere institutionelle Anleger grossen Wert. Da sie für die Gesellschaft eine wichtige Aufgabe wahrnehmen und damit eine grosse Verantwortung tragen, kennen sie ihre Risikofähigkeit und ihre Renditeziele genau. Sie achten deshalb darauf, dass sich ihre Anlagestrategie respektive ihr Anlageportfolio (Umsetzung) stets im Einklang mit ihrem Anlageprofil (Risikofähigkeit, Renditeziel) befindet. Übersteigt das Portfoliorisiko die Risikofähigkeit, kann das weitreichende Auswirkungen für die Vermögen ihrer Destinatäre oder Versicherten haben.

Bei einem engeren Rebalancing-Ansatz kann der Anleger im Voraus besser abschätzen, ob er mit seiner Anlagestrategie (die im Vergleich zum Buy-and-hold-Ansatz weniger Abweichungen zulässt) auch schwere Krisen übersteht. Er kann zwar immer noch das Ausmass möglicher Krisen unterschätzen, weiss aber zumindest, mit welcher Asset Allocation er diese in einem solchen Fall zu bewältigen hätte. Bei einer Rebalancing-Strategie fällt es deshalb gegenüber dem Buy-and-hold-Ansatz auch leichter, die richtige Grösse eines Puffers oder einer Reserve für solche Negativereignisse festzulegen. Dies wiederum reduziert das Risiko, Anpassungen der Asset Allocation in ungünstigen Momenten (d.h. am Tiefpunkt der Krise) vornehmen zu müssen. Pensionskassen beispielsweise versuchen Marktschwankungen mit ihren Wertschwankungsreserven aufzufangen.

Der bessere Abgleich zwischen Strategie und Anlegerprofil dürfte schliesslich der Hauptgrund sein, wieso sich institutionelle Anleger erfahrungsgemäss für einen Rebalancing-Ansatz entscheiden. Die Analyse zeigt zwar auf, dass die zusätzlichen Risiken (anhand der Volatilität und Maximalverluste) mit dem Buy-and-hold-Ansatz bei einem diversifizierten Portfolio in den meisten Fällen minimal sein dürften und während starker Krisen sogar tiefer liegen. Aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren, insbesondere der unbekannten Kapitalmarktentwicklung und des Bestrebens der institutionellen Investoren, die Auswirkungen ihrer (Anlage-)Risiken gut abzuschätzen, dürfte inskünftig ein reiner Buy-and-hold-Ansatz dennoch in den seltensten Fällen längerfristig zur Anwendung kommen.

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