Investment Outlook 2023: Anstehende Neuausrichtung der Weltwirtschaft
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Investment Outlook 2023: Anstehende Neuausrichtung der Weltwirtschaft

Ein turbulentes Jahr neigt sich dem Ende zu. Die Auswirkungen aber dürften über das kommende Jahr hinaus spürbar bleiben. Langerprobte Wirtschaftsstrukturen und -formationen ordnen sich neu. Der Credit Suisse Investment Outlook 2023 mit den Prognosen zur Weltwirtschaft und den Finanzmärkten.

Eine grundlegende Neuausrichtung der Weltwirtschaft steht bevor

Für die globalen Konjunktur- und Finanzaussichten spielte die Geopolitik jahrelang eine untergeordnete Rolle. Geprägt war diese Zeit durch stabile internationale Beziehungen und relativ hohes Vertrauen zwischen den Ländern. Es gab auch Krisen, die aber meist finanzieller Natur waren.

In den vergangenen Jahren kam diese Weltordnung langsam ins Wanken und verlor mit dem Krieg in der Ukraine 2022 letztlich ihren Halt. Als Folge davon rückte die Geopolitik wieder in den Vordergrund. Das dürfte in den nächsten Jahren nicht nur die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte erheblich beeinflussen, sondern auch für eine Neuordnung der internationalen Beziehungen und des Handels sorgen. Dies hat Auswirkungen auf das kurz-, mittel- und langfristige Wachstum, die Preisentwicklung sowie die Geld- und Fiskalpolitik. Die Neuordnung könnte zu massiven Veränderungen im globalen Währungssystem führen, die wiederum auf die Finanzmärkte abstrahlen.

Auswirkung 1: Eine neue Weltordnung

2022 endete die Welt des Multilateralismus und des starken Vertrauens zwischen den Ländern und Regierungen – zumindest vorläufig. Tiefe und anhaltende Brüche in der geopolitischen Weltordnung brachten eine multipolare Welt hervor, die mehrere Jahre fortbestehen dürfte. Der globale Westen, dazu gehören Verbündete der westlichen Industrieländer, richtete seine strategischen Kerninteressen neu aus und wandte sich vom globalen Osten, also China, Russland und deren Verbündeten ab. Der globale Süden mit Brasilien, Russland, Indien und China sowie die meisten Schwellenländer stellt sich gerade neu auf, um seine eigenen Interessen zu verfolgen.

Auswirkung 2: Regimewechsel bei Inflation und Geldpolitik

Die COVID-19-bedingten Störungen der globalen Lieferketten, entschlosseneres klimapolitisches Handeln, eine veritable Energiekrise sowie ein Schock bei den Lebensmittelpreisen infolge des Ukrainekriegs brachten ein neues Regime erhöhter Inflation hervor. In Folge dieser Herausforderungen strafften die Zentralbanken ihre Geldpolitik in grösseren Schritten und schneller als erwartet. Das führte zum Ende der «Lowflation», einer Phase niedriger oder sogar negativer Zinssätze.

Die Ära «niedriger Zinsen» auf den Finanzmärkten endet

Die Ära «niedriger Zinsen» auf den Finanzmärkten endet

Letzter Datenpunkt: 01.11.2022
Quelle: Bloomberg, Credit Suisse

Die Zentralbanken signalisieren eine weitere Erhöhung der Zinsen, um die Nachfrage zu senken und eine Entspannung am Arbeitsmarkt herbeizuführen. Infolgedessen hat die Credit Suisse ihre Leitzinsprognosen für alle wichtigen Volkswirtschaften mit Ausnahme Chinas erhöht. Es ist indes mit dem schnellsten Straffungstempo innerhalb von zwölf Monaten und der weltweit grössten Zinsanhebung seit 1979 zu rechnen. Bis Ende 2022 dürfte die Straffungsgeschwindigkeit ihren Zenit erreichen. Mit Zinssenkungen ist aber auch 2023 in keinem Industrieland zu rechnen, da sich die Zentralbanken auf die tatsächliche und nicht auf die erwartete Teuerung konzentrieren dürften.

Auswirkung 3: Wachstumsausblick trübt sich ein

Was die Wachstumsprognosen des Bruttoinlandproduktes (BIP) anbelangt, trüben sich die Aussichten: Zu rechnen ist mit einer Rezession in der Eurozone und in Grossbritannien sowie mit einem Wachstumsrückgang in China. Den absoluten Tiefpunkt dürften die Volkswirtschaften bis Mitte 2023 erreichen. Angenommen die USA entweicht einer Rezession, setzt danach die Erholung langsam ein.

Auch das Potenzialwachstum dürfte in den nächsten fünf Jahren niedriger ausfallen. Dies hat damit zu tun, dass das neue geopolitische Umfeld für weniger internationale Zusammenarbeit bei technologischen Innovationen sorgt. Zudem führt dies zu einer verminderten Mobilität von Arbeitskräften und somit geringeren Produktivitätssteigerungen.

Auswirkung 4: Der US-Dollar erreicht Zenit

Im Hinblick auf die Währungen, dürfte der US-Dollar unterstützt bleiben, solange die Ausrichtung der US-Notenbank (Fed) restriktiv ausfällt. Damit die Abwertung des Euros die importierte Inflation nicht zusätzlich anheizt, muss die Europäische Zentralbank trotz drohender Rezession mit der Fed Schritt halten. Ferner dürfte die anhaltende USD-Stärke für Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern sorgen.

Der reale handelsgewichtete US-Dollar notiert bereits auf seinem höchsten Stand seit 1985. Damit ist durchaus zu erwarten, dass der Dollar seinen Zenit erreicht und gegen Ende 2023 leicht nachgeben könnte. Wahrscheinlich wären dazu jedoch Signale der Fed, dass sie ihre Straffungen beendet, und Anzeichen einer Konjunkturerholung ausserhalb der USA erforderlich.

Auswirkung 5: Potenzielle Neuaufstellung des globalen Währungssystems

Längerfristig können sich jedoch aus der Neuordnung der internationalen Beziehungen neue Entwicklungen im globalen Währungssystem ergeben. Seit dem zweiten Weltkrieg wurde das auf US-Dollar-basierende Währungssystem nie infrage gestellt, bis der US-Dollar 2022 durch das Einfrieren russischer Zentralbankreserven bei der Fed und anderen Zentralbanken seine Neutralität verloren hat. Zusätzlich mit der Entwicklung einer multipolaren Welt und der Neuausrichtung des internationalen Handels, könnten sich im Laufe der Zeit durchaus zwei parallele Währungssysteme herausbilden: das bekannte US-Dollar-basierte System und ein noch zu entwickelndes alternatives System, das den US-Dollar umgeht.

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