Unternehmensbewertung: Berechnung mit neuem Kapitalisierungssatz
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Steuerliche Unternehmensbewertung von nicht kotierten Gesellschaften. Acht Fragen und Antworten.

In den vergangenen Jahren erfolgte die Unternehmensbewertung von nicht kotierten Gesellschaften seitens der Steuerverwaltung auf der Basis mehrheitlich gleichbleibender Faktoren. Um die sich ändernden Markteinflüsse besser zu berücksichtigen, hat die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) neue Praxisempfehlungen zur Ertragswertberechnung aufgestellt. Wir erklären, was Sie dazu wissen sollten.

1. Was ist neu?

Neu ist die Berechnungslogik hinter dem Kapitalisierungssatz, der die Basis für den steuerlich massgebenden Ertragswert bildet. Die bisher sehr statische Logik mit einem seit 2015 unveränderten Satz von 7 Prozent ist neu dynamischer und marktabhängiger. Für den Jahresabschluss 2021 kommt ein für die Steuerpflichtigen erfreulicher Satz von 9,5 Prozent zur Anwendung (für Details siehe Frage 3).

Dies ergibt – bei gleichbleibenden Verhältnissen – einen tieferen Unternehmenssteuerwert und somit einen positiven Effekt bei der Vermögenssteuer. Die grundlegende Logik der steuerlichen Unternehmensbewertung mit Anwendung der «Praktikermethode» ([2 × Ertragswert + Substanzwert]/3) hat sich hingegen bewährt und bleibt unverändert.

2. Was empfehlen wir zu prüfen?

Aus strategischer Sicht empfehlen wir – nebst der korrekten Anwendung des neuen Kapitalisierungssatzes – zu prüfen, welches die konkreten Auswirkungen der Änderungen für Ihre persönliche Situation sind. Dabei stehen folgende Punkte im Vordergrund:

  • Beeinflussen Sie durch die richtige Wahl des Berechnungsmodells beim Ertragswert (Berücksichtigung letzte zwei vs. letzte drei Geschäftsjahre) den Unternehmenssteuerwert positiv.
  • Beachten Sie, dass der Unternehmenssteuerwert in Kantonen mit Belastungsobergrenzen für die Vermögenssteuer direkten Einfluss auf die Bezugsstrategie (Lohn vs. Dividende) haben kann (vgl. auch Frage 6).
  • Der steuerliche Unternehmenswert dient vielfach auch anderweitig als Referenzgrösse, so beispielsweise im Aktionärsbindungsvertrag, bei Mitarbeiterbeteiligungen oder auch im Ehe-/Erbvertrag respektive im Testament. Eine regelmässige Überprüfung, ob der Vertrag den Parteiwillen auch bei einer jährlich ändernden Referenzgrösse wiedergibt, ist sehr empfehlenswert. Alternativ kann eine andere (statische) Referenzgrösse definiert werden.

3. Was steckt hinter der neuen, dynamischeren Berechnungslogik?

Für die Bestimmung des Kapitalisierungssatzes stellt die SSK wie bis anhin auf die Summe von risikolosem Zinssatz und Risikoprämie (mit einem Zuschlag für Illiquidität) ab. Neu werden jedoch adäquatere Datengrundlagen verwendet.

Herleitung des Kapitalisierungssatzes für nicht kotierte Unternehmen

 

Bis 2020

Neu seit 2021
Basis des risikolosen Zinssatzes
5-Jahres-Swapsatz (falls minus, mindestens 0 %) Durchschnitt Zinssatz risikolose Anlagen (20-jährige Bundesobligationen bzw., falls negativ, Abstützung auf Spareinlagen- oder Kontokorrentsätze – mit einem Minimum von 0 %) und Kredite (Festhypotheken im tiefsten Risikobereich). Für 2021: 0,72 %.
Basis der Risikoprämie Fixe Risikoprämie von 7 % (4 % für Marktrisiko plus 3 % für Unter-nehmensrisiko und Illiquidität) Risikoprämie der im Swiss Performance Index (SPI) abgebildeten Unternehmen (exklusive Immobiliengesellschaften und SNB) – hier dürfte neu die Volatilität liegen, da diese Risikoprämie im Zeithorizont von 2013 bis 2018 stark zwischen 0,74 und 3,09 schwankte.
Berechnung Kapitalisierungssatz für nicht kotierte Unternehmen Risikoloser Zinssatz (0 % seit 2015) plus Risikoprämie von 7 % Summe risikoloser Zinssatz und Risikoprämie für nicht kotierte Unternehmen* mit Zuschlag für Illiquidität von 17,65%. Durchschnitt der so errechneten Kapitalisierungssätze der drei vorangegangenen Jahre (n-1, n-2, n-3) ergibt den Kapitalisierungssatz für das relevante Steuerjahr (n).
Für 2021: 9,5 %.

* Berechnung: Multiplikation Risikoprämie der SPI-Unternehmen (vgl. oben) mit Risikofaktor von 3,01 für nicht kotierte Unternehmen.

4. In welche Richtung entwickelt sich die Risikoprämie in der Zukunft?

Dies ist schwierig vorauszusagen. In der für die Berechnung des Kapitalisierungssatzes 2021 derzeit relevanten Dreijahresperiode 2018–2020 (Durchschnittswert) ist eine sinkende Tendenz erkennbar. Dies könnte bedeuten, dass in Zukunft mit tieferen Kapitalisierungssätzen zu rechnen ist – allenfalls sogar mit weniger als die seit geraumer Zeit verwendeten 7 Prozent.

Sicher dürfte die neu dynamisch angepasste Risikoprämie aber zu jährlichen und geschäftsgangunabhängigen Schwankungen des Unternehmenssteuerwerts führen. Die empfohlenen Prüfungen gemäss Frage 2 sind daher als wiederkehrende «Checkliste» zu verstehen.

5. Gibt es kantonale Unterschiede?

Es ist davon auszugehen, dass die meisten Kantone die neue Berechnungslogik übernehmen. Kantone wie Zürich und Bern haben ihre Veranlagungspraxis entsprechend angepasst, damit der neue Kapitalisierungssatz bereits für die Steuerperiode 2021 zur Anwendung gelangt.

Der interkantonale Steuerwettbewerb wird diesen Bereich aber erfahrungsgemäss nicht auslassen: So hat der Kanton Waadt einen Kapitalisierungssatz von bis zu 16 Prozent publiziert unter der Einhaltung gewisser Bedingungen. Es empfiehlt sich, die jeweilige Umsetzung im Sitzkanton des Unternehmens zu konsultieren und die persönliche Situation respektive eine Optimierung zu prüfen.

6. Ich profitiere von kantonalen Privilegien oder einer Spezialregelung. Was muss ich tun?

Die in rund der Hälfte der Kantone bestehenden Privilegien für die Vermögenssteuer auf nicht kotierten Titeln bzw. steuerliche Belastungsobergrenzen werden – losgelöst von der Änderung beim Kapitalisierungssatz – voraussichtlich weiterhin Bestand haben. Es sollte somit die Effizienz dieser Massnahmen bei geändertem Unternehmenswert überprüft werden.

Sollten Sie in der Vergangenheit mit den kantonalen Behörden eine individuelle Regelung zum anwendbaren Kapitalisierungssatz getroffen haben, empfehlen wir Ihnen eine proaktive Prüfung, inwiefern jene weiterhin Bestand hat.

7. Was ist in der Steuererklärung 2021 sicherzustellen?

Im Rahmen der Steuerveranlagung 2021 findet die neue Berechnungslogik zum ersten Mal Anwendung. Die Anwendung des Kapitalisierungssatzes von 9,5 Prozent (sofern keine abweichende Sonderregelung besteht) ist somit in der Veranlagungsverfügung unbedingt zu prüfen. Dabei ist die kurze Einsprachefrist von 30 Tagen im Auge zu behalten.

8. Wie kann mich die Credit Suisse unterstützen?

Gerne unterstützen wir Sie bei der Analyse Ihrer Situation sowie, falls angezeigt, bei der Aushandlung individueller Lösungen mit den lokalen Steuerbehörden. Unsere Steuerexperten verfolgen einen holistischen Ansatz, der neben dem Unternehmenssteuerwert respektive der Vermögenssteuer auch weitere Aspekte wie die Entnahmestrategie, den Aktionärsbindungsvertrag, den Ehe-/Erbvertrag oder die Mitarbeiterbeteiligungen abdeckt.