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Credit Suisse Research Institute veröffentlicht dritte Studie zum Erfolg kleiner Länder

Die aktuelle Studie des Credit Suisse Research Institute (CSRI) mit dem Titel «Small countries: The way to resilience» kommt zu dem Ergebnis, dass der Erfolg kleiner Länder vor allem in ihrer wirtschaftlichen Offenheit begründet ist. Dadurch können Grössennachteile ausgeglichen werden. Diese Offenheit bedeutet aber auch, dass kleine Staaten in Bezug auf Schocks, die ihr wirtschaftliches Wohlergehen gefährden könnten, besonders wachsam bleiben und Strategien zur Förderung ihrer wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit entwickeln müssen.

Die jüngste Studie aktualisiert den in früheren Ausgaben verwendeten theoretischen Rahmen zur Definition kleiner Länder und erweitert den Stichprobenumfang auf alle 193 UN-Mitgliedstaaten. Die Autorinnen und Autoren haben einen multidimensionalen Ansatz verfolgt und mittels Hauptkomponentenanalyse aus der Landesfläche und der Bevölkerungszahl einen Ländergrössenindex berechnet. Auf diese Weise haben sie 86 kleine Länder weltweit identifiziert. Um die Schwachstellen und Resilienzfaktoren kleiner Länder zu analysieren und mit denen grosser Länder zu vergleichen, entwickelten die Ökonominnen und Ökonomen zwei Indikatoren: Der Economic Vulnerability Indicator (EVI) misst die Anfälligkeit einer Volkswirtschaft für Schocks; der Economic Resilience Indicator (ERI) ermöglicht die Beurteilung der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit eines Landes für den Umgang mit solchen Schocks sowie der Fähigkeit zur Anpassung an sich verändernde Wirtschaftsbedingungen.

Sara Carnazzi Weber, Leiterin Swiss Economics bei der Credit Suisse, sagt: «Seit 1945 hat sich die Zahl der Länder deutlich erhöht, was zu einem erheblichen Rückgang der durchschnittlichen Ländergrösse geführt hat. Dies deutet auf einen wichtigen grundlegenden Trend hin: den Aufstieg kleiner Staaten. Kleine Länder konnten ihre Grössennachteile durch wirtschaftliche Offenheit kompensieren. Durch diese Verflechtung haben die physischen Dimensionen von Macht, die in der Vergangenheit an die Grösse des Staatsgebiets und die militärische Stärke gebunden war, an Bedeutung verloren, wodurch die Gefahr von Konflikten zurückging. In einem solchen stabilen Umfeld wurde es einfacher, klein und erfolgreich zu sein. Heute gibt es jedoch zahlreiche neue Herausforderungen, darunter die Neuordnung der internationalen Beziehungen, das Risiko von Pandemien und die Gefahren des Klimawandels. Vor diesem Hintergrund müssen kleine Länder in Bezug auf globale Schocks, die ihr wirtschaftliches Wohlergehen bedrohen könnten, besonders wachsam sein.»

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass kleine Länder häufig ein hohes Mass an wirtschaftlicher Anfälligkeit aufweisen, die durch ihre hohe Abhängigkeit von der übrigen Welt bedingt ist. Nennenswerte Beispiele sind die grosse Bedeutung des internationalen Handels, die Konzentration von Importen und Exporten sowie die hohe Abhängigkeit von Energieimporten und ausländischen Arbeitskräften. In einer Stichprobe von 32 zumeist hoch entwickelten Ländern sind Irland und die Schweiz die beiden Länder mit der höchsten wirtschaftlichen Anfälligkeit. Hohe wirtschaftliche Anfälligkeit geht jedoch oft mit hoher wirtschaftlicher Widerstandsfähigkeit einher. Kleine Länder entwickeln Strategien, um ihre Schwächen durch hohe makroökonomische Stabilität, wirtschaftliche Diversifikation, einen finanziell stabilen privaten Sektor und eine hohe Fähigkeit zur Anpassung an sich verändernde Wirtschaftsbedingungen zu überwinden. Daher führt die Schweiz auch den ERI als das Land mit der höchsten wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit an.

Wichtigste Erkenntnisse

  • Die entscheidende Rolle des offenen Handels – durch ihre Integration in die Weltwirtschaft können kleinere Länder ihre Grössennachteile mindern. Wirtschaftliche Offenheit ist mithin eine Voraussetzung für Wohlstand, insbesondere für kleinere Länder.
  • Die Erosion der staatlichen Souveränität scheint kleinere Länder stärker zu treffen als grössere – kleine Länder sollten daher diejenigen Bereiche der Souveränität, die eine Voraussetzung für die Förderung und den Schutz ihrer wirtschaftlichen Nischen sind, erhalten.
  • Wirtschaftliche Anfälligkeit – der Economic Vulnerability Indicator der Credit Suisse misst die Anfälligkeit eines Landes gegenüber Schocks im Vergleich zum Durchschnitt unserer Stichprobe aus 32 Ländern weltweit. Er zeigt, dass die Anfälligkeit kleinerer Länder oft hoch ist: Neun der 14 kleinen Länder in der Stichprobe weisen eine überdurchschnittliche Anfälligkeit auf.
  • Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit – der Economic Resilience Indicator (ERI) der Credit Suisse misst die Fähigkeit eines Landes, einen wirtschaftlichen Schock zu überstehen oder abzufedern und sich geänderten Umständen anzupassen, ebenfalls im Vergleich zu den anderen Ländern in der Stichprobe. Im Hinblick auf die allgemeine wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit liegen kleine Länder wie die Schweiz und Dänemark an erster bzw. dritter Stelle. Zwei weitere kleine Länder (die Niederlande und Finnland) belegen Platz vier und fünf.
  • Hohe wirtschaftliche Anfälligkeit geht oft mit hoher wirtschaftlicher Widerstandsfähigkeit einher.

Nannette Hechler-Fayd’herbe, Chief Investment Officer für die Region EMEA und globale Leiterin Economics & Research, kommentiert: «Die Weltwirtschaft bietet kleinen Ländern nicht nur Möglichkeiten, sondern stellt sie auch vor Herausforderungen. Wie die aktuellen geopolitischen Spannungen zeigen, sind Multilateralismus und gegenseitiges Vertrauen zwischen Ländern und Regierungen – zwei Faktoren, auf die kleine Länder in besonderem Masse angewiesen sind – keine Selbstverständlichkeit. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine, die schwelenden Spannungen zwischen China und den USA und das Aufkommen blockfreier Schwellenländer verwandeln die Welt in ein multipolares System, in dem die Grösse eines Landes wieder zu einem komparativen Vorteil wird. Herausforderungen neuer Art, wie sie etwa während der COVID-Pandemie zu beobachten waren und durch den anhaltenden Klimawandel entstehen, schaffen zusätzliche Anfälligkeiten, die kleine und grosse Länder auf unterschiedliche Weise überwinden und bewältigen können. Das Agieren in einem solchen sich ständig wandelnden Umfeld ist ein schwieriges Unterfangen – insbesondere für kleine Länder. Trotz ihrer Grössenbeschränkungen haben viele kleine Länder jedoch bewiesen, dass sie Wohlstand und eine überdurchschnittliche Wirtschaftsleistung erzielen können.»

Der Bericht «Small countries: The way to resilience» ist verfügbar unter:
Credit Suisse Research Institute