Ist Bitcoin sicher?
Bitcoin ist nicht Mainstream und wird es wahrscheinlich niemals werden. Es wäre allerdings unklug, diese Technologie zu ignorieren. Im Januar 2017 waren Bitcoins im Wert von ca. 14,9 Milliarden Dollar im Umlauf, und Blockchain, die technologische Grundlage von Bitcoin, geniesst grosse Aufmerksamkeit für ihr disruptives Potenzial im Banking, im Handel und sogar in den Medien. Wie sicher ist Bitcoin also?
Eine riskante Währung
Es gibt bei Bitcoin einige einzigartige Risiken. Laut den europäischen Technologieanalysten aus dem Bereich Global Markets Research der Credit Suisse war der Wert der Kryptowährung dreimal so volatil wie der Ölpreis und elfmal volatiler als der Wechselkurs des britischen Pfunds gegenüber dem Dollar nach der Brexit-Entscheidung. Bitcoin-Transfers sind ausserdem unumkehrbar. Wenn man also aus Versehen beim Zahlungsvorgang eine zusätzliche Ziffer eingibt, hat man Pech gehabt. Benutzer benötigen auch einen privaten Schlüssel für den Zugriff auf ihre Bitcoins. Dieser Schlüssel funktioniert wie ein Passwort und kann nicht zurückgesetzt werden. Wenn dieser verloren geht oder gestohlen wird, sind auch alle Bitcoins verloren, auf die mit diesem Schlüssel zugegriffen wird.
Die immune Struktur von Blockchain
Die Blockchain-Architektur selbst scheint eine gewisse Immunität gegenüber Hackerangriffen zu besitzen. Sie ist kein zusammenhängendes Netzwerk von Einzelkonten, die eine bestimmte Menge an Vermögenswerten beinhalten, sondern vielmehr eine Liste aller vergangenen Transaktionen. Wenn jemand Bitcoins an eine andere Person übertragen will, überprüfen alle Computer, auf denen Bitcoin-Software installiert ist, die öffentliche Signatur des Absenders mit einem Algorithmus und prüfen die in der Blockchain verschlüsselten bisherigen Transaktionen. So wird sichergestellt, dass der Absender wirklich Eigentümer der von ihm verwendeten Bitcoins ist. Andere Computer überprüfen und verifizieren anschliessend die vom Computer des Empfängers berechneten Daten. Danach wird die Transaktion mit anderen Transaktionen aggregiert und Computer, auf denen die Bitcoin-Kernsoftware läuft und die als Miner bezeichnet werden, beginnen ein Rennen darum, als erster eine komplexe mathematische Berechnung abzuschliessen, mit der die Legitimität des Transaktionsblocks verifiziert wird. Wenn ein Computer die Berechnung abgeschlossen hat, bestätigen die folgenden Miner die Korrektheit der Lösung. Nachdem alle bestätigt haben, dass die Transaktionen in einem Block gültig sind, erhält der Computer, der zuerst die Berechnung abgeschlossen hat, neu erstellte Bitcoins, wodurch die Gesamtmenge an Bitcoins erhöht wird, und dem Immutable Ledger wird ein neuer Block hinzugefügt.
Nur wenn Personen in die Technologie eingreifen, wird es kompliziert.
Eine Herausforderung für Hacker?
Könnte jemand die Blockchain hacken und den Transaktionsverlauf abändern, um so den Anschein zu erwecken, dass vergangene Transaktionen Geld zum Konto des Hackers übertragen haben? Theoretisch ist das möglich; dazu ist aber eine gewaltige Rechenleistung vonnöten. Bitcoin-Benutzer verifizieren die Gültigkeit einer Transaktion, indem sie alle vergangenen Transaktionen betrachten. Daher müsste ein Computer zur Manipulation nicht nur die mathematische Berechnung, die zu einem bestimmten Block gehört, abschliessen, sondern auch die Berechnungen aller folgenden Blöcke. Die Credit Suisse vergleicht die Blockchain mit den Schichten einer geologischen Formation. Die neuesten Blöcke sind «weiche Erde». Mit genug Rechenleistung könnte ein Hacker theoretisch diese Blöcke manipulieren. Deswegen werden Transaktionen erst als gültig betrachtet, wenn sie an sechster Stelle der Kette stehen. Je weiter unten sie in der Blockchain stehen, desto mehr Rechenleistung ist für eine Manipulation erforderlich.
51 Prozent-Angriffe
Die Konzentration von Netzwerkkapazitäten bei einzelnen Bitcoin-Miners stellt ebenfalls ein potenzielles Risiko dar. Wenn eine einzelne Partei Kontrolle über 51 Prozent des Netzwerks erlangen würde, könnte diese theoretisch die Abwicklung legitimer Neutransaktionen verhindern oder kürzlich erfolgte Bestätigungen rückgängig machen. So kann sie möglicherweise dieselben Bitcoins mehrmals ausgeben (bei 30 Prozent des Netzwerks hat ein Betrüger laut Berechnung der Credit Suisse eine Chance von 40 Prozent, in einer Woche sechs aufeinanderfolgende Blöcke zu berechnen, was ihm ermöglicht, Transaktionen in der «weichen Erde» zu manipulieren). Im Falle eines sogenannten 51 Prozent-Angriffs prognostiziert die Credit Suisse jedoch einen rasanten Wertverfall bei Bitcoins. Anders gesagt würde ein Angriff der Miner auf das Netzwerk auch den Wert der Bitcoins, die sie stehlen, reduzieren, ganz zu schweigen von den Bitcoins, die sie bereits besitzen. Um die Kontrolle über 30 Prozent des Netzwerks zu erlangen, müssten Betrüger schon in der Vergangenheit Bitcoins erzeugt haben. Das bedeutet, dass sie ein Interesse daran haben, dass der Ledger intakt und ehrlich bleibt.
Cyberdiebstahl von Kryptowährung
Während der dezentrale Aufbau von Blockchain die Architektur vor direkten Hacks schützt, interagieren die meisten Bitcoin-Benutzer nicht direkt mit der Blockchain. Stattdessen interagieren sie mit Vermittlern. Die meisten Alltagsnutzer nutzen Online-Börsen, bei denen sie Fiatwährungen in Bitcoins umtauschen können, und digitale Brieftaschen, die Zahlungen erleichtern. Auf beide Elemente des Bitcoin-Ökosystems sind bereits erhebliche Cyberangriffe durchgeführt worden. Im August 2016 stahlen Hacker 119'756 bei der Börse Bitfinex gelagerte Bitcoins, die Anfang November einen Wert von USD 82 Millionen Dollar hatten.
Aus Zuschauersicht konnte bisher nichts an die Implosion der damals wichtigsten Bitcoin-Börse Mt. Gox herankommen. Im Jahr 2014 meldete sie Insolvenz an. Laut der Bitcoin-Börse hatten Hacker 850'000 Bitcoins gestohlen, die Mitte November einem Wert von USD 590 Millionen Dollar entsprachen. Lediglich 24 Prozent dieser Bitcoins wurden wieder gefunden, und Mark Karpeles, der ehemalige CEO von Mt. Gox, wurde in Japan wegen Unterschlagung angeklagt. Seit dem Vorfall haben mehrere eingehende Berichte die unorthodoxen Managementpraktiken des Unternehmens beleuchtet.
Kurz gesagt: Die Blockchain-Technologie ist relativ sicher. Der Handel mit Bitcoins ist es ebenfalls, solange keine Betrüger und Hacker eingreifen. Nur wenn Personen in die Technologie eingreifen, wird es kompliziert. Das ist aber bei allen Dingen der Fall.