So trägt die Kraft unternehmerischen Denkens dazu bei, Gesellschaften zu einen
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So trägt die Kraft unternehmerischen Denkens dazu bei, Gesellschaften zu einen

Unternehmergeist wird von Unternehmen auf der Führungsebene geschätzt, doch kann er auch dazu beitragen, gespaltene Gesellschaften zu einen? Im Rahmen der Partnerschaft zwischen Bloomberg und der Credit Suisse wird untersucht, wie die heutigen Wirtschaftsführer die Gesellschaft in eine positivere, sozialere Richtung lenken können.

Während sich  Wirtschaftsführer und Regierungschefs  auf das 48. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos vorbereiten, ist die Stimmung zweifellos gereizt. Im gesellschaftspolitischen Diskurs zeichnen sich Spaltungen ab und an mehreren internationalen Fronten haben sich strategische Bruchlinien gebildet. In Davos sollen sich die Teilnehmer diesen Herausforderungen im Rahmen des anspruchsvollen Mottos «Für eine gemeinsame Zukunft in einer zersplitterten Welt» stellen. Doch wie realistisch ist die Idee einer gemeinsamen Vision und wer kann bei deren Umsetzung eine Führungsrolle spielen?

Vor dem Hintergrund polarisierter Meinungen – deren Gegensätze im Zeitalter von Social Media noch verstärkt werden – entsteht ein vielversprechendes neues Verständnis von der Rolle, die Unternehmen spielen können, wenn sie von zweckgeleiteten Personen geführt werden. Die Belegschaften von Unternehmen sind heute sozial verantwortungsbewusster und stärker vernetzt. Die Fähigkeit eines Unternehmens, Menschen für sozial orientierte Ziele zu motivieren, trägt daher entscheidend zur Gewinnung und Bindung von Talenten bei.

David Jones hat zusammen mit Kate Robertson One Young World gegründet, eine gemeinnützige Organisation, die es Führungskräften der nächsten Generation ermöglicht, gemeinsam Lösungen für einige der dringendsten Probleme der Welt zu entwickeln. Gemäss ihm ist die Generation der Millennials eine treibende Kraft hinter der heute mehr sozial ausgerichteten Denkweise in der Unternehmenswelt.

«Intelligente CEOs verstehen mittlerweile, dass moralisch gute Entscheidungen immer auch unter finanziellen Gesichtspunkten gut sind. Dieser Wandel wird überwiegend von Millennials vorangetrieben; wir sehen diese jungen Führungskräfte bei One Young World, sie sind deutlich besser informiert als frühere Generationenagieren deutlich sozialer und verantwortungsbewusster», sagt Jones.

Einstellungen, die sozialen Wandel auslösen

Selbst die grössten Konzerne werden sich der veränderten Motivationen bewusst. Paul Polman, Chief Executive von Unilever, setzt sich lautstark dafür ein, dass Unternehmen mehr gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Das britisch-niederländische Konsumgüterunternehmen hat in seinen Fabriken rund um die Welt zahlreiche kostspielige Änderungen vorgenommen, um sein Geschäft nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten.

Polman wurde von Ban Ki-moon, dem damaligen UN-Generalsekretär, als einziger Wirtschaftsvertreter ausgewählt, um bei der Ausarbeitung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) der Vereinten Nationen mitzuwirken. Die 2015 eingeführten SDGs der UN beinhalten u. a. die Beseitigung von Armut und die Erzielung von Geschlechtergerechtigkeit. Dieser Ansatz wirkt sich auch wirtschaftlich positiv aus: Unilever meldet, dass seine Marken, die eine nachhaltige Lebensweise unterstützen (Sustainable Living), 2016 um mehr als 50 Prozent schneller als der Rest des Geschäfts wuchsen und inzwischen den Löwenanteil (60 Prozent) zum Gesamtwachstum des Unternehmens beitragen.

Als globaler Finanzdienstleister setzt sich die Credit Suisse auch dafür ein, einen positiven Beitrag zu den SDGs zu leisten. Unter anderem fördert die Bank den Zugang zu Finanzdienstleistungen und unterstützt Unternehmen, die sich globalen Herausforderungen durch Impact Finance stellen.

Dieser sozial verantwortungsbewusste Geschäftsansatz gewinnt nicht nur in konsumorientierten Unternehmen an Bedeutung. In der Schweiz beispielsweise wurde responsAbility2003 von Credit Suisse mitbegründet. Der private Investor mit Schwerpunkt Mikrofinanz und KMU-Finanzierung hat inzwischen  ein starkes Geschäft rund um die Bereitstellung von Fremd- und Eigenkapitalfinanzierungen für Unternehmen in Schwellen- und Entwicklungsländern aufgebaut. Jede von responsAbility getätigte Anlage soll zu integrativem Wachstum beitragen und gemeinsamen Wohlstand schaffen. Das Unternehmen misst seine positiven ökologischen und sozialen Ergebnisse an den SDGs der UN.

Die neuen Wege, die Unternehmensführer in vielen Branchen beschreiten, zeichnen sich laut Nile Giles, Mitbegründer des Kampagnenunternehmens Seven Hills, deutlich ab. Er ist der Ansicht, dass sich das Geschäftsumfeld geändert hat und dass sich das Betätigungsfeld von erfolgreichen Unternehmen ebenfalls entsprechend weiterentwickelt hat.

«Als ich hörte, wie Simon Sears seine Vision 2030 bekannt gab, fiel mir auf, wie er von Paul Polman und anderen auf eine Art und Weise beeinflusst wurde, wie es vor fünf Jahren vermutlich noch nicht möglich gewesen wäre», sagt Giles. «Die soziale Wirkung und der positive Einfluss, den sie als prominente Führungskräfte haben können, ist nicht zu unterschätzen. Sie können Gemeinschaften beeinflussen und sie dazu anregen, über Ziele für eine nachhaltige Entwicklung nachzudenken, die in der Vergangenheit nicht sehr weit oben auf der Unternehmensagenda gestanden hätten.»

Giles sieht vielfältige Gründe für diese Verhaltensweise von unternehmerisch ausgerichteten Führungskräften und räumt ein, dass die wirtschaftlichen Folgen der Bewältigung dieser Herausforderungen bedeuten, dass geschäftliche Chancen eine Rolle spielen. «Ich glaube, vielen Unternehmen wird bewusst, dass ihre Mitarbeitenden, Investoren und potenzielle Mitarbeitende erwarten, dass sie das Richtige tun», so Giles.

Ein neues Verantwortungsbewusstsein

Dieses neue soziale Bewusstsein wird von vielen der weltweit etabliertesten und erfolgreichsten Unternehmer – die ursprünglich möglicherweise nicht sonderlich sozial eingestellt gewesen waren – unterstützt und trägt gegenwärtig zum Aufstieg des Philanthrokapitalismus bei.

Elon Musk ist ein Beispiel eines berühmten Unternehmers mit einer grossen Vision, der Schlagzeilen macht. Musk, der sich im E-Commerce mit PayPal ein Vermögen aufgebaut hat, widmet sich inzwischen der Entwicklung neuer Verkehrsmittel, und dabei gibt es für ihn buchstäblich nach oben keine Grenzen: Während sein Elektroauto Tesla den Wandel weg von umweltverschmutzenden Verbrennungsmotoren anführt, kann Musk dank SpaceX seinem Traum von der Kolonisierung des Mars nachgehen.

Die Beweggründe und Eigenschaften dieser unternehmerisch ausgerichteten Führungskräfte werden derzeit von der Credit Suisse und Bloomberg im Rahmen einer Studie, deren Ergebnisse im ersten Halbjahr 2018 veröffentlicht werden sollen, auf globaler Ebene untersucht. Ob diese scheinbar altruistischen Aktionen der Weltelite angetrieben werden von dem Wunsch, ein Vermächtnis zu hinterlassen oder etwas für sein Ego zu tun, von Profitdenken oder dem Engagement für das Allgemeinwohl ist wohl eine rein akademische Frage, denn die Gesellschaft profitiert so oder so.

Die Neuausrichtung von Unternehmen hin zu einer Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft wird von Microsoft-Mitbegründer Bill Gates als «kreativer Kapitalismus» gefeiert, und der Reiz ist für Unternehmen jeder Art gross. 2017 zeigte eine umfassende Studie des Marketing-Giganten Havas mit Daten von 300’000 Personen und 1500 Marken, einen direkten Zusammenhang zwischen dem Erfolg einer Marke und der Verbesserung des Wohlbefindens oder der Lebensqualität ihrer Kunden auf.

«Nur Marken, die eine bedeutsame Beziehung zu den Menschen aufbauen, werden Erfolg haben in einer Welt, in der tagtäglich 500 Millionen Tweets, 4,3 Milliarden Facebook-Nachrichten und 500 Millionen Stunden YouTube-Videos verschickt, gepostet und hochgeladen werden», sagt Yannick Bollore, Chairman und CEO von Havas. «Unternehmen müssen wissen, was den Menschen wichtig ist und wie ihre Marken Sinn stiften.»

Anspruchsvollere und sozial engagiertere Konsumenten sind die Ursache dieses Wandels. Die soziale Verantwortung der Unternehmen, wie wir sie kennen, gehört zunehmend der Vergangenheit an. Stattdessen entwickeln Unternehmen für sich breiter angelegte strategische Visionen des sozialen Wandels und begreifen den Brand Purpose als grossen Wettbewerbsvorteil.

Die Führungskräfte, die sich in Davos treffen, hatten nie zuvor bessere Gründe, soziale Zwecke in den Mittelpunkt ihres Geschäfts zu stellen. Die Richtung der Reise ist somit vorgegeben, doch wie immer werden Taten mehr als Worte zählen.