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Wieviel Kim und Trump verträgt das Anlageportfolio?

Steigende Unternehmensgewinne und der kräftigste globale Wirtschaftsaufschwung seit 20 Jahren: Nur Kim und Trump können Sand ins Getriebe streuen. Am Credit Suisse Financial Forum 2017 in Davos sorgten sie für viel Gesprächsstoff.

Was lösen Kim und Nordkorea aus? Was kann oder muss von Donald Trump erwartet werden? Der resolute Aufstieg Chinas führt zu einer verstärkten Polarisierung in Asien und im Pazifikbecken und zu einer neuen Weltordnung. Für André Helfenstein, Leiter Institutional Clients der Swiss Universal Bank, ist «entscheidend, wie und in welchen Bereichen die beiden Grossmächte in Zukunft zusammen arbeiten werden». Klar ist: In diesem globalen politischen Umfeld werden sich die Herausforderungen im Anlagegeschäft und damit für das Schweizerische Vorsorgesystem weiter akzentuieren. «Zuversicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Perspektiven verleiht den Anlagemärkten zwar weiterhin Antrieb», so André Helfenstein weiter. «Es lohnt sich aber, Portfoliokonstruktionsmethoden bezüglich ihrer Stärken und Schwächen zu hinterfragen.» Die Unberechenbarkeit der US-Politik, die Spannungen auf der Korea-Halbinsel sowie die Uneinigkeiten innerhalb der WTO könnten den Motor jederzeit zum Stottern bringen.

Kräftiger globaler Wirtschaftsaufschwung

Angst und Jammern wären jedoch schlechte Ratgeber. Burkhard Varnholt, Chief Investment Officer der Swiss Universal Bank, hält sich an Credit-Suisse-Botschafter Roger Federer: Von den weltweit 100 Top-Spielern hätten alle ein ähnliches Niveau. Nur: Federer mache weniger Fehler als die andern! «Das muss auch für Sie gelten», wendet Varnholt sich an die in Davos gut vertretene Gilde der Pensionskassenexperten. Unmissverständlich redet er ihnen ins Gewissen: «Die Wirtschaft brummt auf jedem Kontinent, die Zinsen sind und bleiben längerfristig tief und die Unternehmensgewinne steigen – wir haben seit etwas mehr als einem Jahr den kräftigsten globalen Wirtschaftsaufschwung der letzten 20 Jahre.» Doch die Aktienquote liege bei den Pensionskassen heute immer noch zehn Prozentpunkte tiefer als 2008. Schlimmer noch: «Investoren sind bereit, enorm viel für so genannt sichere, nominell renditelose Anlagen zu zahlen.»

Der Anlageprofi rechnet vor: «Eine Obligation mit 0,5 Prozent Rendite entspricht einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 200. Es zeigt sich in dieser ungleich hohen Bewertung von sicheren Anleihen die sprichwörtliche ‹Mauer der Skepsis›, welche die Geisteshaltung vieler Investoren – quasi als Nachwirkung aus dem Trauma der Krise von 2008 – beschreibt. Es ist bezeichnend, wenn die Aktien desselben Unternehmens mit einem KGV von 16 handeln und zusätzlich eine hohe Dividende von 5 Prozent zahlen, die Anleihen desselben Unternehmens hingegen mit einem KGV von 200.» Als aktuelles Beispiel erwähnt er die kürzlich erfolgte Ausgabe einer Anleihe mit 0,3 Prozent Rendite, die sechsfach überzeichnet worden sei. Dabei werfe eine einzige Dividende mehr ab als der Zins der Anleihe in zehn Jahren. Varnholt ergänzt: «Im Rückblick ist klar, was damals höchst ungewiss scheinen musste: 2009 hätten die Pensionskassen ihre Aktienanteile auf- statt abbauen müssen.»

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Prof. Zheng Han, Walter Niederberger und Burkhard Varnholt am Financial Forum 2017 (v.l.n.r.)

Trotz des aktuellen Booms lohnt sich der Blick auf die beiden weltweit stärksten Wirtschafts-Lokomotiven USA und China. Professor Zheng Han von der Tongji Universität in Shanghai sieht zwar in seiner Heimat durchaus wirtschaftliche Herausforderungen, beispielsweise hat die Verschuldung bei Firmen eine alarmierende Höhe angenommen, eine ernsthafte Immobilienblase droht zu platzen und die Ein-Kind-Politik führt zu einem Rückgang der Bevölkerung, das wiederum zu sinkendem Privatkonsum. Aber weitaus mehr beschäftigt ihn die Situation mit Nordkorea, die er «als tickende Zeitbombe» sieht. Die Regierung sei gut beraten, den Konflikt nicht leichtfertig eskalieren zu lassen, sonst sei die ganze wirtschaftliche Aufbauarbeit dahin.

Börsen reagieren gelassen auf Kim und Trump

Auch in den USA ist die Wirtschaft seit Mitte 2009, als die durch die Finanzkrise ausgelöste Rezession zu Ende kam, auf einem Wachstumspfad. Sorgen und Ängste bereitet der unberechenbare Präsident Donald Trump, der fast täglich via Twitter Sanktionen und Boykotte ankündigt, rückgängig macht und erneut verlangt. «Wer meinte, Trump werde präsidiales Format entwickeln, sieht sich getäuscht», zieht Walter Niederberger, US-Wirtschaftskorrespondent des Tages-Anzeigers, Fazit. «Die Frage ist heute eher, ob er seine Amtszeit überhaupt zu Ende führen kann. Es fällt schwer zu glauben, dass die USA und die Welt 40 weitere Monate Trump überstehen können.» Laut Niederberger erwarten viele Politkenner einen vorzeitigen Rücktritt – ähnlich wie damals von Nixon – um sich die Schmach eines allfälligen Strafprozesses im Zusammenhang mit der Einmischung Russlands in die Wahlen zu ersparen.

Bis jetzt haben die Börsen erstaunlich gelassen auf den Clinch zwischen Kim und Trump reagiert. «Die Märkte gehen eher von einem Krieg der Gesten als einem Krieg der Waffen aus», so Burkhard Varnholt. «Hoffentlich behalten sie recht.» Asien werde kaum von einem Investor als Risikoregion wahrgenommen, so der Anlageprofi. «Aber Asien ist ein Kontinent der eingefrorenen Konflikte. Viele Rivalitäten wurden durch die Globalisierung unterdrückt.»