Fett: das neue Gesundheitsleitbild
Neue Kaufentscheidungen der Verbraucher: weg von Kohlehydraten und hin zu fetthaltigen Lebensmitteln wie Fleisch, Butter, Eier – laut einer Studie des Credit Suisse Research Institute ein Trend mit vielversprechenden Anlageideen.
Die Empfehlung, Fett nur moderat zu konsumieren, war in den letzten 50 Jahren allgemein anerkannt. Es hiess, man solle den Konsum von gesättigten Fetten (in Butter, Speck, Milch, rotem Fleisch, Kokosöl usw.) und Cholesterin (in Eiern, Geflügel, Rindfleisch usw.) erheblich einschränken. Darüber hinaus riet man dazu, den Verzehr von mehrfach ungesättigten Fetten (in Sojabohnen, Sonnenblumenkernen, Mais, Baumwollsamenöl usw.) und von Kohlehydraten (in Teigwaren, Brot, Zucker usw.) zu steigern. Aber Fett ist ein komplexes Thema, und diese Empfehlungen wurden in den letzten 30 Jahren überprüft und infrage gestellt. Einige Experten glauben, dass diese Ernährungsempfehlungen – die von der US-Bevölkerung streng befolgt wurden – der Hauptgrund für die hohe Zahl adipöser Menschen und die steigende Zahl an Personen mit metabolischem Syndrom sind.
Fettkonsum weltweit (1961 ggü. 2011)
Quelle: FAOSTAT
Medizinische Nachweise im Wandel
Die medizinische Forschung kommt jedoch schrittweise von den vorgenannten Empfehlungen ab, wie der Bericht «Fat: The New Health Paradigm» (Fett: das neue Gesundheitsleitbild) des Credit Suisse Research Institute darlegt. Dieser Bericht basiert auf über 400 medizinischen Forschungsarbeiten und Büchern von Wissenschaftlern und Branchenexperten sowie zwei hausinternen Studien mit Ärzten, Ernährungsexperten und Verbrauchern. Der Verzehr von Cholesterin hat zum Beispiel fast keinen Einfluss auf den Cholesterinspiegel im Blut oder auf potenzielle Herzkrankheiten, die Verbindung zwischen der Aufnahme gesättigter Fette und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist nicht nachgewiesen. «Aber wir fanden heraus, dass 40 Prozent der befragten Ernährungsexperten und 70 Prozent der befragten Allgemeinärzte der Ansicht sind, der Verzehr von stark cholesterinhaltigen Lebensmitteln schädige Herz und Blutgefässe. Gemäss den intensiven Forschungen in den letzten Jahren ist das falsch», sagte Giles Keating, Vice Chairman Investment Strategy & Research und stellvertretender Global Chief Investment Officer im Private Banking & Wealth Management. Der Verzehr grösserer Mengen an pflanzlichen Ölen (die mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäuren enthalten) erwies sich als weniger vorteilhaft als bisher gedacht, Transfette schädigen nachweislich unsere Gesundheit. Kurz, gesättigte und einfach ungesättigte Fette sind nicht die Ursache für die vielen adipösen Personen und Patienten mit metabolischem Syndrom in den USA. Die zwei Hauptursachen sind der höhere Konsum an Pflanzenölen und der gesteigerte Kohlehydratkonsum.
Auswirkungen des Cholesterinverzehrs auf das Herz
Quelle: Credit Suisse Proprietary Consumer Survey
Entwicklung der Konsumgewohnheiten
Die medizinische Forschung empfiehlt nun, Lebensmittel mit mehr natürlichen, unverarbeiteten Fetten und einem hohen Anteil an gesättigten und einfach ungesättigten Fetten zu bevorzugen, z. B. biologisch erzeugte Milchprodukte, Fleisch von Weidetieren, natürliche Öle und Nüsse. «Natürliche, nicht verarbeitete Fette sind gesund und entscheidend für ein Umdenken, um eine Gesellschaft zu formen, die besonderen Wert darauf legt, die Gesundheit der Menschen zu erhalten und zu fördern. Natürliche Lebensmittel mit vielen einfach ungesättigten und gesättigten Fetten sind für den Verbrauch und die Speicherung in unserem Körper die bevorzugten Energiequellen. Omega-3-Fettsäuren verfügen über besonders schützende Eigenschaften für unser Herz und unser Gehirn», sagte Stefano Natella, Globaler Leiter Equity Research und Co-Autor der Studie. Nicht nur die medizinische Wahrnehmung von Fetten ändert sich, sondern auch das Kaufverhalten der Verbraucher. Einige Verbraucher treffen ganz klar eine neue Wahl. «Wir glauben, dass die Verbraucher an einem Wendepunkt angelangt sind, und dass dies für Anleger gewisse Auswirkungen hat», meinte er. Eine gesunde Lebensweise und Veränderungen der Lebensgewohnheiten haben sich in den letzten Jahren für davon betroffene Unternehmen und Branchen als einflussreiche Anlagethemen erwiesen.
Im Video erfahren Sie mehr darüber, was wissenschaftliche Erkenntnisse zum Fettkonsum tatsächlich darlegen:
Mit Mythen über Fett aufräumen
Fettkonsum auf dem Vormarsch
Der weltweite Fettkonsum pro Kopf dürfte in den kommenden 15 Jahren um 23 Prozent und der Proteinkonsum um 12 Prozent steigen. Die Aufnahme von Kohlehydraten wird voraussichtlich um 2 Prozent zurückgehen. Die gesamte Nachfrage nach Fett wird angesichts des stetigen weltweiten Bevölkerungswachstums – 43 Prozent bis 2030 oder 1,9 Prozent pro Jahr – wesentlich schneller steigen. Die Gewinner werden Eier, Milchprodukte, rotes Fleisch und Fisch sein. Beispielsweise wird der Konsum an rotem Fleisch in den kommenden 15 Jahren voraussichtlich um 23 Prozent steigen, während der Eierkonsum laut Prognosen um 4 Prozent pro Jahr zunehmen wird, wenn die Menschen den (falschen) Zusammenhang zwischen Cholesterin und dem Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen langsam vergessen. Die neuen medizinischen Erkenntnisse werden sich vermutlich nicht auf Geflügel und Pflanzenöle auswirken, während die Nachfrage nach Kohlehydraten, insbesondere Zucker, zurückgehen dürfte.
Potenziell wichtigste Entwicklungsfaktoren für die Nachfrage nach verschiedenen fetthaltigen Lebensmitteln
Quelle: Credit Suisse
Entwicklung der Ernährungsgewohnheiten weltweit
China hat bereits einen riesigen Boom hinter sich: Die Nahrungsmittelaufnahme pro Kopf verdoppelte sich zwischen 1961 und 2011. Bis 2030 wird ein weiterer Anstieg um 13 Prozent erwartet, wobei voraussichtlich der Fleischkonsum um 29 Prozent und der Milchkonsum um 55 Prozent zunehmen werden. In den USA wird der Fleischkonsum voraussichtlich weiter steigen, insbesondere bei rotem Fleisch. Der Konsum an Eiern in den USA dürfte auf fast ein Ei pro Tag steigen, Butter dürfte wieder populärer werden, wenn die Verbraucher ihre Vorteile besser kennen. Auch in Europa wird die Ernährung vermutlich mehr rotes Fleisch, Eier, Geflügel und Milchprodukte umfassen. Für den Fischkonsum liegen die Prognosen bei einem Rückgang auf 12 Prozent, da der Konsum bereits relativ hoch ist und die Verfügbarkeit Einschränkungen unterliegt. In Indien hingegen dürften weiterhin wenig Fleisch, Fisch und Eier verzehrt werden. Im Gegenzug dürfte der Milchkonsum in Indien bis 2030 um 50 Prozent steigen, der Konsum von Butter oder Ghee (geklärte Butter, oft aus Büffelmilch, typisch für Südasien) um 55 Prozent. In Australien dürfte sich der jährliche Eierverzehr fast verdoppeln (auf 210 pro Person), während der Butterkonsum in den kommenden 15 Jahren um 35 Prozent steigen dürfte. Diese veränderten Ernährungsgewohnheiten sind gute Nachrichten. Die Korrektur eines grossen Ernährungsfehlers – der Wechsel von Kohlehydraten zu Fett – findet endlich weltweit statt und verheisst Gutes für die Zukunft.
Regionale Schätzungen zum Gesamt-Fettkonsum pro Kopf in Prozent
Quelle: FAOSTAT, Schätzungen der Credit Suisse