Press Release

Schweizer Wirtschaft: So reagieren KMU auf die beispiellose Krise

Credit Suisse veröffentlicht den «Monitor Schweiz» für das 4. Quartal 2020 mit Fokus auf KMU-Umfrage


Die Schweizer Wirtschaft hat sich 2020 besser behauptet gemäss der bisherigen, vergleichsweise optimistischen Prognose der Credit Suisse Ökonomen. Sie gehen neu von einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts von «nur» 3,2 % aus. Trotz absehbarer Impfaktion wird es aber wohl noch mehrere Monate dauern, bis die Pandemie unter Kontrolle ist und sich die Wirtschaft nachhaltig erholt. Für 2021 rechnen die Ökonomen der Credit Suisse unverändert mit einem BIP-Wachstum um 3,5 %. Die Widerstandskraft der Schweizer Wirtschaft gegen die Corona-Krise ist auch der hohen Agilität der Schweizer KMU zu verdanken – dies reflektieren die Ergebnisse der diesjährigen KMU-Umfrage.

Die Entwicklung der Schweizer Wirtschaft glich bislang einem durch die COVID-19-Pandemie gesteuerten Jo-Jo-Effekt: Auf den stärksten Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) seit Beginn der Aufzeichnung im zweiten Quartal 2020 (-7 %) ist im dritten Quartal der stärkste Aufschwung gefolgt (+7,2 %). Mittlerweile hat die Erholung jedoch bereits wieder deutlich an Schwung verloren. Angesichts der zweiten Corona-Welle und der erneuten Massnahmen zu deren Eindämmung gehen die Ökonomen der Credit Suisse davon aus, dass das BIP im vierten Quartal sogar leicht schrumpfen wird (-0,7 % ggü. Vorquartal). Der Rückschlag dürfte aber deutlich weniger stark ausfallen als noch im Frühling. Im Jahresdurchschnitt wird das Schweizer BIP 2020 gemäss der aktuellen Prognose der Credit Suisse um 3,2 % abnehmen, also in einer vergleichbaren Grössenordnung wie in der Finanzkrise von 2009 (-2,1 %).

Pandemie kostet zwei Jahre BIP-Wachstum
Im Gegensatz zur Finanzkrise wird aber weiterhin eine rasche Erholung prognostiziert. Für 2021 erwarten die Ökonomen der Credit Suisse unverändert ein BIP-Wachstum um 3,5 %. Zu Beginn des kommenden Jahres dürfte die konjunkturelle Dynamik noch äusserst verhalten sein. Im Lauf des Winters ist jedoch damit zu rechnen, dass die Impfkampagne graduell an Breite gewinnen wird. Diese sollte eine schrittweise Lockerung der staatlichen und der selbst auferlegten Restriktionen zulassen und sich insbesondere im Frühling in einer erhöhten Mobilität sowie Konjunkturdynamik niederschlagen. Das Wissen um die Endlichkeit der Krise lässt erwarten, dass es im Winterhalbjahr trotz schwachen Wirtschaftsgangs nicht zu einer starken Entlassungswelle kommen wird. Die Ökonomen der Credit Suisse gehen von einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf maximal 3,7 % aus. Auch bei den Investitionen ist kein langanhaltender Rückgang zu erwarten. Die Erholung der zyklischen Industriebranchen wie der Metall-, Elektro- und Metallindustrie oder der Uhrenindustrie könnte sich zwar zwischenzeitlich verlangsamen. Dank der Nachfrage aus Asien, welche die globale Güternachfrage stützt, droht jedoch kein markanter Einbruch in der Industrie wie in der ersten Jahreshälfte 2020. Zudem bleiben die Investitionen der weiterhin solid expandierenden Pharma- und Chemieindustrie sowie Investitionen in die IT-Infrastruktur hoch. Auch die Bauinvestitionen sollten hierzulande 2021 leicht zu nehmen – bei den Auftragseingängen der Baumeister zeigten sich jüngst bereits deutliche Erholungstendenzen. Insgesamt wird die Schweizer Wirtschaftsleistung somit gegen Jahresende 2021 das Vorkrisenniveau in etwa wieder erreichen können. Die Pandemie hat indes wohl zwei Jahre an Wachstum gekostet, oder beinahe 20 Mrd. CHF.

Ausgangslage vor zweiten Corona-Welle bleibt für die meisten KMU anspruchsvoll
Die Ökonomen der Credit Suisse haben die Pandemie zum Anlass genommen, eine Umfrage bei mehr als 1000 Schweizer KMU durchzuführen. Gemäss Aussagen der Anfang Oktober befragten KMU konnte dank der schnellen Bereitstellung von staatlichen Unterstützungsmassnahmen wie Kurzarbeit und Notkredite ein Teil des wirtschaftlichen Einbruchs aus der ersten Pandemiewelle abgefedert werden. Dadurch konnten die meisten KMU bisher von Entlassungen absehen. Dennoch operierte mehr als die Hälfte im Herbst noch unterhalb des Vorkrisenniveaus oder befand sich in akutem Krisenmanagement.

Corona-Pandemie bringt Bewegung in KMU-Landschaft Schweiz
«Not macht erfinderisch» besagt ein Sprichwort – und die Corona-Krise scheint dies in vielen Fällen zu bestätigen: Seit Ausbruch der Krise haben beinahe die Hälfte der befragten KMU eine Anpassung ihres Geschäftsmodells vorgenommen: Bei 24 % der KMU wird die Modifikation des Geschäftsmodells die Krise überdauern. Die anhaltenden Herausforderungen bedeuten daher nicht zwingend Zerstörung, sondern lassen auch Wachstum zu. Bei 11 % wird die Pandemie sogar als Chance erachtet und die Geschäftstätigkeit hat sich besser entwickelt als vor der Krise. Zudem zeigt die KMU-Umfrage, dass von einem Investitionsstopp keine Rede sein kann. Trotz – oder gerade wegen – der COVID-19-Pandemie sind 59 % der Schweizer KMU bestrebt, in den nächsten ein bis drei Jahren Investitionen zu tätigen und damit die Weichen für künftiges Wachstum zu stellen. Fast alle KMU sehen in den nächsten ein bis drei Jahren Handlungsbedarf im Bereich der Digitalisierung. Auch die ökologische Nachhaltigkeit wird künftig kaum an Bedeutung verlieren: Drei Viertel der Unternehmen wollen ihre Nachhaltigkeitsbemühungen in den nächsten ein bis drei Jahren beibehalten oder gar intensivieren. Während die letzten Monate nicht am Ursprung von Entwicklungen wie der Digitalisierung des Alltags oder der Nachhaltigkeitsbewegung stehen, dürften sich diese Trends aufgrund der Erfahrungen während des aktuellen Jahresverlaufs verstärken.

Evolution statt Revolution
Vergleichbare Entwicklungen findet man auch bei der Verbreitung von flexiblen Arbeitsformen: Nach der Krise dürfte das Arbeiten im Home-Office bei den KMU öfter genutzt werden als zuvor, die Zunahme bleibt jedoch überschaubar. Lediglich eine Minderheit der befragten Unternehmen hat bereits eine Reduktion ihrer Büroflächen vorgenommen oder plant dies in absehbarer Zukunft. Eine solch evolutionäre Entwicklung steht auch bei der Umstrukturierung der Wertschöpfungsketten bevor: Gemäss den Umfrageergebnissen haben Schweizer KMU bislang erst geringe Anpassungen ihrer Wertschöpfungsketten vorgenommen. In den nächsten ein bis drei Jahren sind weitere Justierungen jedoch wahrscheinlich, wobei Neuverhandlungen von Konditionen mit Anbietern von Vorleistungen, eine Diversifikation der Anbieter von Vorleistungen sowie eine stärkere Fokussierung auf geografisch näher gelegene Zulieferer im Vordergrund stehen. Insgesamt dürften Schweizer KMU vermehrt Stabilität und Kosteneffizienz ihrer Wertschöpfungsketten gegeneinander abwägen.

Die Publikation «Schweizer KMU suchen aktiv den Weg aus der Krise» finden Sie im Internet auf Deutsch, Französisch und Englisch: www.credit-suisse.com/kmustudie

Der «Monitor Schweiz» wird quartalsweise veröffentlicht. Die nächste Ausgabe erscheint am 16. März 2021.