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Immobilienmarkt trotzt Inflation und steigenden Zinsen

Credit Suisse veröffentlicht Schweizer Immobilienmonitor 3. Quartal 2022


Die hartnäckige Inflation und steigende Zinsen konnten dem Schweizer Immobilienmarkt bisher nur wenig anhaben. So sind die Immobilienpreise bis zum Spätsommer weiter angestiegen. Rückschläge an den Börsen mussten hingegen die indirekten Immobilienanlagen hinnehmen. Die Widerstandskraft des Immobilienmarktes rührt auch vom beschränkten Angebot. So sinkt die Anzahl freier Mietwohnungen gar beschleunigt und das Angebot an Wohneigentum bleibt knapp, obwohl die Babyboomer den nächsten Generationen in den kommenden Jahren viele Eigenheime hinterlassen werden. Ausserdem hat der Energiepreisschock ein Umdenken in der Immobilienbranche ausgelöst und Investitionen in Umbauten und Renovationen in die Höhe getrieben.

Im Gegensatz zu einzelnen ausländischen Immobilienmärkten konnten in der Schweiz bis zum Spätsommer 2022 – mit Ausnahme von speziellen Teilsegmenten – noch keine rückläufigen Immobilienpreise festgestellt werden. Solche dürften allerdings wahrscheinlicher werden, wenn der Immobilienmarkt nicht nur von der Zinsseite, sondern bald auch von der Konjunkturseite unter Druck kommt.

Eigenheimpreise steigen trotz höherer Zinsen
Die Hypothekarzinskosten bei Neuabschlüssen haben sich seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt und beeinflussen die Nachfrage nach Wohneigentum. Die höheren Zinskosten reduzieren dabei in erster Linie die Übernachfrage nach Wohneigentum. Konnten Makler in der Vergangenheit noch aus 15 bis 20 Interessenten pro Eigentumsobjekt auswählen, sind es derzeit noch drei bis vier. Weil die Neubautätigkeit weiterhin rückläufig ist, bleibt ein gewisser Nachfrageüberhang bestehen. Der Konkurrenzkampf um das knappe Angebot sorgt daher vorderhand noch für steigende Preise. Der Zenit der Preisentwicklung dürfte aber erreicht sein. Wegen der zinsbedingt sinkenden Nachfrage nach Wohneigentum erwarten die Immobilienökonomen der Credit Suisse eine deutlich geringere Preisdynamik in den nächsten Quartalen.

Babyboomer hinterlassen grösseres Angebot an Wohneigentum
Wegen der Baulandknappheit und der Präferenz für den Bau von Mietwohnungen war der Neubau von Eigenheimen in den vergangenen Jahren nur noch ein Schatten früherer Zeiten. Folglich herrscht Knappheit und die Eigenheimpreise werden dadurch stets auf neue Höchststände getrieben, was viele Eigenheimwünsche unerfüllt lässt. Für etliche Haushalte bleibt damit die Übernahme des Hauses oder der Wohnung einer älteren Person eine der wenigen Möglichkeiten, um überhaupt noch an Wohneigentum zu gelangen. In Zukunft dürfte dieser Weg vermehrt offenstehen, denn die geburtenstarken Babyboomer, die gegenwärtig mehr als 40 % der Schweizer Eigenheime besitzen, kommen allmählich in die Altersgruppen mit hoher Sterblichkeit. In Zukunft dürften daher mehr und mehr Häuser auf den Markt gelangen oder an die jüngere Generation vererbt werden. Während aktuell gut 3000 Eigentumsobjekte jährlich von der Babyboomer-Generation hinterlassen werden, steigt diese Zahl bis 2045 auf gegen 42'000 Objekte. Dies könnte dazu beitragen, dass sich die angespannte Lage am Wohneigentumsmarkt längerfristig leicht entspannt.

Leerwohnungen im freien Fall
Alle Indikatoren auf dem Mietwohnungsmarkt deuteten bereits darauf hin, dass die Zahl der Leerwohnungen im Jahr 2022 erneut kräftig sinken wird. In der Tat wurde mit einem Minus von 9869 Leerwohnungen gar der stärkste Rückgang seit 1978 verzeichnet. Zwar liegt die Leerwohnungsziffer mit 1.31 % (Vorjahr: 1.54 %) noch über dem langjährigen Mittel von 1.11 %, sie nähert sich diesem aber mit hoher Geschwindigkeit. Die Trendwende, die 2021 einsetzte, hat sich folglich beschleunigt. Der Rückgang ist breit abgestützt und betrifft sämtliche Segmente, alle Wohnungsgrössen und eine grosse Mehrheit der Regionen. Verantwortlich für den tieferen Leerstand sind die rückläufige Bautätigkeit und der Anstieg der Nachfrage infolge von Wirtschaftswachstum und Zuwanderung. Letztere wird vom heisslaufenden Arbeitsmarkt und dem verbreiteten Fachkräftemangel beflügelt, sodass die Immobilienökonomen der Credit Suisse für das laufende Jahr mit einem Wanderungssaldo von rund 75'000 rechnen (Vorjahr: 60'600). Dass noch immer keine Reaktion der Bautätigkeit auf die hohe Nachfrage auszumachen ist, legt nahe, dass der ungenügenden Bautätigkeit strukturelle Faktoren zugrunde liegen: Die Verdichtung innerhalb bestehender Bauzonen, die auf vielfältige Weise ausgebremst wird, vermag die unterbundenen Einzonungen offensichtlich nicht zu ersetzen.

Energiepreisschock löst Umdenken aus
Die Bauwirtschaft hofft seit Langem darauf, dass energetische Sanierungen die Investitionen in Umbauten und Renovationen nach oben treiben. Die stark steigenden Energiepreise scheinen nun diesbezüglich eine gewisse Wirkung zu entfalten. Das Volumen eingereichter Umbaugesuche lag in den vergangenen sechs Monaten insgesamt um 22 % über dem zehnjährigen Mittelwert. Zum Anstieg dürften auch energetische Sanierung beigetragen haben, denn mit solchen Massnahmen lässt sich die Wirkung eines Umstiegs auf Wärmepumpe und Solarenergie erheblich steigern. Beide Technologien verzeichnen einen regelrechten Boom und vermögen die Nachfrage aktuell gar nicht vollständig zu befriedigen, was Wartefristen nach sich zieht. Die Gründe für das Umdenken vieler Immobilieneigentümer liegen auf der Hand. Die wilden Ausschläge der Energiepreise machen sich allmählich beim Endverbraucher bemerkbar. So lag der durchschnittliche Endverbraucherpreis für Heizöl in den ersten acht Monaten des Jahres 2022 um rund 60 % über dem Durchschnitt von 2021, während der durchschnittliche Preis für Gas im selben Zeitraum um 43 % über dem Durchschnitt von 2021 notierte. Der Kostenvorteil von Wärmepumpen ist dadurch auf 65 % gestiegen, nachdem er im Vorjahr erst 48 % ausmachte. Zwar dürfte dieser Vorteil im kommenden Jahr wieder leicht sinken, weil auch die Strompreise im Schnitt um 27 % höher ausfallen. Mit 54 % bleibt allerdings ein substanzieller Kostenvorteil bestehen, der die Amortisationsdauer der typischerweise höheren Investitionskosten erheblich verkürzt.

Abbildung: Babyboomer hinterlassen bis 2045 rund 420'000 Eigenheime Prognostizierte Anzahl der Eigenheime (Häuser und Wohnungen), die durch Tod bis 2045 frei werden (nach Generation)

Quellen: Credit Suisse, Bundesamt für Statistik

Die vollständige Studie «Immobilienmonitor Schweiz 3. Quartal 2022» ist in Deutsch hier verfügbar.